Essen. Das Umweltgift PCB aus Grubenwasser ist in kleinen Mengen offenbar erstmals in der Emscher nachgewiesen worden. Der Kohlekonzern RAG und die Bergaufsicht hatten das bislang ausgeschlossen.

Bislang haben Bergaufsicht und der Steinkohleförderer RAG vehement bestritten, dass über Grubenwasser das Umweltgift PCB in die Flüsse des Ruhrgebiets gelangt. In Essen und in Bottrop wurde jetzt erstmals nachgewiesen, dass zumindest Spuren von PCB aus dem Bergbau in der Emscher anzutreffen sind.

Auffällige PCB-Werte bei Grubenwasseruntersuchung

Im Januar hatten Umweltschützer Alarm geschlagen, dass aus stillgelegten Bergwerken PCB-haltige Hydraulikflüssigkeiten ins Trinkwasser gelangen können. Sie kamen bis Mitte der 80er-Jahre zum Einsatz, als bekannt wurde, dass die polychlorierten Biphenyle Mensch und Umwelt gefährden.

RAG und die Bergaufsicht bei der federführenden Bezirksregierung Arnsberg hatten sich bislang auf eigene Messungen berufen. Danach übersteigt die PCB-Belastung des Grubenwassers, das in umliegende Flüsse gepumpt wird, nicht den zulässigen Grenzwert. Daran gibt es nun Zweifel. Im Januar hatte die Landesregierung das Landesumweltamt mit einer Sonderuntersuchung beauftragt. Erste Ergebnisse sind jetzt durchgesickert. Danach wies das Grubenwasser der Zechen Zollverein in Essen und Prosper Haniel in Bottrop zumindest auffällige PCB-Werte auf. Die Ergebnisse der Messungen an allen anderen Standorten sollen bis Herbst vorliegen.

PCB-Funde in Essen und Bottrop

Andreas Nörthen, Sprecher der Abteilung Bergbau und Energie der Bezirksregierung Arnsberg, bewertet die PCB-Funde in Essen und Bottrop als „Spuren“ und warnt davor, „Äpfel mit Birnen zu vergleichen“.

Nach seiner Darstellung dürfen Feststoffe in Gewässern das gesetzliche Umweltqualitätsziel von 20 Mikrogramm pro Kilogramm Wasser nicht übersteigen. Bei der Einleitung des Grubenwassers aus Zollverein und Prosper Haniel hat das Landesumweltamt aber offenbar für PCB einen Wert von 40 Mikrogramm gemessen.

„Das bedeutet nicht, dass das Umweltqualitätsziel um das Doppelte überschritten ist“, meint Nörthen. In der Emscher werde der Stoff auf ein Hundertstel verdünnt, so dass die PCB-Belastung effektiv bei 0,4 Mikrogramm liege und damit das Umweltqualitätsziel „deutlich nicht überschreitet“. Der Experte der Bezirksregierung: „Spuren von PCB sind aber drin.“ Die Bergaufsicht selbst, die ein anderes Messverfahren anwendet, habe nach Nörthens Worten in der Vergangenheit stets PCB-Werte, die auf den Bergbau zurückzuführen sind, „unterhalb der Nachweisgrenze“ gemessen. Das NRW-Umweltministerium verweist darauf, dass das Umweltqualitätsziel nur für Gewässer gelte, nicht aber für den „Abwasserkanal Emscher“.

Endgültige Klarheit über PCB-Belastung nicht vor 2016

Mit Spannung werden die übrigen Messergebnisse erwartet. Das Landesumweltamt hat Grubenwasser-Proben auf den Schachtanlagen Heinrich und Amalie (Essen), Friedlicher Nachbar und Robert Müser (Bochum) oder Concordia (Oberhausen) gezogen. Endgültige Klarheit über die PCB-Belastung durch Grubenwasser erhofft sich die Landesregierung von einem Gutachten, das die Wasserhaltungspläne der RAG bewerten, aber erst Mitte 2016 vorliegen soll. Der Bergbau-Konzern will das Abpumpen des Grubenwassers einschränken und es künftig nur noch in den Rhein leiten. Durch die Flutung der Schächte sollen Ewigkeitskosten gespart werden, die die RAG-Stiftung tragen muss.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz sieht seine Mahnungen bestätigt: „Beim PCB wurde vorschnell Entwarnung gegeben“, sagte Dirk Jansen vom Landesverband NRW. Er fordert, dass die RAG sofort Filter in die Grubenwasser-Zuleitungen einbaut und ihre Pumptätigkeit nicht weiter einschränkt, bis das Gutachten vorliegt.