Wolfsburg. . Martin Winterkorn bleibt VW-Vorstandschef, sein auslaufender Vertrag soll sogar verlängert werden. Doch womöglich ist die Schlacht noch nicht vorbei.
Der Machtkampf ist entschieden – zumindest vorerst. Martin Winterkorn bleibt VW-Vorstandschef, sein Ende 2016 auslaufender Vertrag soll sogar verlängert werden. Das teilte das sechsköpfige Präsidium des VW-Aufsichtsrats gestern in einer nur siebenzeiligen Mitteilung mit. Unklar blieb allerdings, um welchen Zeitraum Winterkorns Vertrag fortgeführt werden könnte. Wiederholt waren zwei Jahre genannt worden.
Die Diskussion um Winterkorn war entbrannt, nachdem ihn VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch vor einer Woche bloßgestellt hatte. Dazu genügte Piëchs Satz: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Gestern nun, an seinem 78. Geburtstag, musste Piëch zurückrudern. In einer Erklärung des Aufsichtsratspräsidiums, dem Piëch angehört, heißt es, Winterkorn (67) habe die uneingeschränkte Unterstützung des Gremiums. Außerdem empfiehlt das Präsidium die Verlängerung von Winterkorns Vertrag.
Wie können die beiden Männer noch zusammenarbeiten?
Es war nicht Piëchs erste große Niederlage als Macher in der Automobilbranche. Es ist aber die medienwirksamste seit Jahrzehnten. Direkt nach seiner Attacke auf Winterkorn hatten der VW-Betriebsrat und auch das Land Niedersachsen als Großaktionär dem Vorstandsvorsitzenden den Rücken gestärkt. Ganz offensichtlich sind sie von ihrer Linie auch nicht abgerückt.
Bislang galt das Wort des Aufsichtsratschefs und VW-Großaktionärs Piëch quasi als Gesetz. Gemeinsam mit seinem Zögling Winterkorn bildete er bei VW eine Doppelspitze, die die Entwicklung des Wolfsburger Konzerns enorm beschleunigt und ihn in die Weltelite der Autobauer geführt hat. Diese Ära ist nun sehr wahrscheinlich zu Ende. Nicht nur bei VW fragt man sich: Wie könnten die beiden Männer noch zusammenarbeiten?
VW will Erfolgskurs fortsetzen
Die VW-Aktionäre hatten gestern offenbar eine Ablösung Winterkorns erwartet. Als bekannt wurde, dass sich das Präsidium gegen Mittag erklären will, schoss der Aktienkurs senkrecht in die Höhe. Als dann klar war, dass Winterkorn bleibt, waren die kurz zuvor erzielten Kursgewinne ebenso schnell wieder verloren.
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh zeigte sich erleichtert, dass der Konflikt zwischen Piëch und Winterkorn nun zumindest vorerst beigelegt ist. „Als Arbeitnehmervertreter begrüßen wir die Entscheidung des Präsidiums. Wir werden unseren Erfolgskurs mit Winterkorn fortsetzen. Er ist der richtige Mann auf dem richtigen Platz“, sagte Osterloh.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), ebenfalls Präsidiumsmitglied, sagte: „Der Beschluss des Präsidiums stellt die notwendige Klarheit für den VW-Konzern her. Volkswagen hat in den vergangenen Jahren eine herausragend gute Entwicklung hinter sich und ist auch weiterhin gut auf Kurs.“ Die Landesregierung lege großen Wert darauf, dass dies so bleibe. Weil: „Deshalb unterstütze ich insbesondere die Arbeit des Vorstands. Es besteht jetzt Klarheit darüber, dass wir an dieser Stelle Kontinuität haben werden.“
Dudenhöffer: Schlacht nicht vorbei
Weil glaubt, dass die Diskussion damit beendet ist. Für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen ist „die Schlacht“ jedoch nicht vorbei. Die geplante Verlängerung sei nur ein „Etappensieg“ für Winterkorn und ein Signal, „um zunächst wieder Ruhe in den Konzern zu bringen“. Wie es mittelfristig weitergehe, müsse sich erst zeigen. „Noch ist ja kein Vertrag unterzeichnet“, sagte Dudenhöffer. Winterkorn sei noch immer angezählt.
In der Tat erklärte das Präsidium, es werde vorschlagen, den Vertrag von Winterkorn „in der Februar-Sitzung 2016 zu verlängern“. Warum dies nicht eher geschieht, blieb offen.