Brüssel. Die Wettbewerbshüter der Europäischen Union wollen die Praxis des US-Konzerns beleuchten, Suchaufträge mit eigenen Angeboten zu verknüpfen.

Der Internet-Riese Google kommt mit seinem Geschäftsmodell unter verschärften Druck aus Brüssel. Die EU-Kommission, Aufsicht über den fairen Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt, beanstandet, wie der Konzern Suchaufträge mit eigenen Angeboten verknüpft.

Google wehrt sich gegen die Vorwürfe. Dem Konzern droht eine Milliardenstrafe. Ein Überblick über den größten Wettbewerbsfall seit dem Streit zwischen Brüssel und Microsoft.

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Was beanstandet die Kommission?

Allgemein geht es um den Missbrauch einer Fast-Monopol-Stellung. In den meisten EU-Staaten laufen mehr als 90 Prozent aller Suchanfragen im Netz über Google. „Das geht bis in unsere Sprache“, meint EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

„Wenn man etwas sucht, sagt man: Lass mich das googeln!“ Die beherrschende Marktstellung an sich sei noch kein Problem, wohl aber deren Missbrauch. Der liegt nach dem Verständnis der Wettbewerbshüter vor, wenn auf eine Anfrage die Sucherergebnisse nicht nach Relevanz für den Verbraucher, sondern nach Googles Geschäftsinteressen präsentiert werden.

Wo findet dieser Missbrauch statt?

Der Verdacht richtet sich auf eine breite Palette von Verknüpfungen, bei denen systematisch Angebote hochgestuft werden, an denen Google selbst verdient. Der Kernvorwurf gilt „Google Shopping“, der Plattform für eine breite Palette von Konsumgütern. Dazu waren schon 2008 in Brüssel die ersten Beschwerden von Konkurrenten eingegangen.

Sie wurden von Vestagers Abteilung nun für so stichhaltig befunden, dass sie rechtliche Schritte einleitet. Vorbehalte bestehen aber auch bei weiteren Suchdiensten, etwa für Hotel- und Flugbuchungen oder bei Karten-Ansichten. Weitere Beschwerden liegen gegen Android vor, das Betriebssystem für Smartphones und andere mobile Endgeräte.

Was unternimmt Brüssel jetzt?

In Sachen Google Shopping hat Vestager ein förmliches Verfahren angestrengt. Google hat zehn Wochen Zeit Stellung zu nehmen und in einer mündlichen Anhörung seinen Standpunkt vorzutragen. Das Unternehmen bestreitet jede Beeinträchtigung des fairen Wettbewerbs. Wie lange es bis zu einer Entscheidung dauert, hängt davon ab, ob Google bereit ist einzulenken und was die weiteren Ermittlungen der Kommission ergeben. Letztlich kann sie theoretisch eine Buße bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes (2014: 66 Milliarden Dollar) verhängen.

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Was kann Google tun?

Vor einem Jahr hatte der Konzern noch gehofft, eine gütliche Einigung mit der Kommission erzielt zu haben. Doch die von Vestagers Vorgänger Joaquin Almunia erreichten Zugeständnisse, mit denen sich der Spanier zufriedengeben wollte, waren auf scharfe Kritik von Konkurrenten am Markt, aber auch in der Kommission selbst gestoßen. Unter anderem hatte sich auch der deutsche Kommissar Günther Oettinger für eine härtere Linie stark gemacht.

Anders als Almunia zielt seine dänische Nachfolgerin nicht auf bestimmte Änderungen des Such-Verfahrens und der Treffer-Präsentation. Weil Technik und Markt sich ständig weiterentwickelten, brauche man „eine zukunftsfeste Regelung“, die Missbrauch prinzipiell ausschließe.

Was bringt das Brüsseler Vorgehen dem Verbraucher?

Der europäische Verbraucher-Dachverband BEUC, selbst Beschwerdeführer gegen Google, lobte das Vorgehen der Kommission. „Wir hoffen, die Kommissarin hält ihr Versprechen, auch andere Google-Dienste zu untersuchen.“ Es gehe um eine Regelung, die sicherstelle, dass eine Suchmaschine alle Anbieter neu­tral behandelt und nicht der Marktführer „entscheidet, wer ins Schaufenster kommt“. Beifall kam auch aus dem Europa-Parlament.

Der Vorsitzende des Unterausschusses Wettbewerb, Markus Ferber (CSU), erklärte: „Nur empfindliche Strafen, die Google auch wirklich hart treffen, werden den Internetriesen noch zum Einlenken bringen.“