Nürnberg. Selten waren die Jobchancen für gut ausgebildete Arbeitslose so groß. Aber nicht alle Ökonomen teilen den Optimismus der Bundesagentur für Arbeit.
Die gute Auftragslage vieler deutscher Unternehmen hat die Nachfrage nach Arbeitskräften zum Frühjahrsbeginn auf eine neue Rekordhöhe steigen lassen. Im März habe es so viele freie Stellen gegeben wie seit mindestens elf Jahren nicht mehr, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Montag. Die Nürnberger Bundesbehörde führt diese Entwicklung auf die "insgesamt positive Grundstimmung sowie die optimistischen Ausblicke der Unternehmen" zurück. Es gebe kaum noch eine Branche, in der es keine freien Stelle gebe.
Der seit 2004 erhobene Stellenindex BA-X kletterte nach BA-Angaben im zu Ende gehenden Monat auf 184 Punkte; er lag damit einen Punkt über dem Februar-Niveau und 20 Punkte höher als vor einem Jahr. Allerdings habe das Stellenwachstum seit Jahresbeginn an Schwung verloren, betonte die BA. Die absolute Zahl der offenen Stellen will sie erst am Dienstag zusammen mit den Arbeitslosenzahlen veröffentlichen.
Noch keine Auswirkungen durch den Mindestlohn
Allerdings spiegele die große Zahl der offenen Stellen nicht nur die gute konjunkturelle Lage wieder, räumt die BA ein. Sie sei auch eine Folge des derzeit häufigeren Stellenwechsels. Viele Beschäftigte nutzten die gute Wirtschaftslage für eine berufliche Veränderung; dadurch würden Stellen häufiger frei. Sie wieder zu besetzen dauere inzwischen länger als in Konjunkturkrisen. Freie Stellen gebe es vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen.
Den wachsenden Optimismus der Bundesagentur teilen auch die meisten der von der Deutschen Presse-Agentur befragten Volkswirte deutscher Großbanken. Sie gehen davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr um rund 90.000 bis 100.000 sinkt - das sind deutlich mehr als viele Ökonomen noch vor einigen Monaten angenommen hatten. Der Chefvolkswirt der KfW-Bankengruppe, Jörg Zeuner, ist da zurückhaltender: Er rechnet nur mit einem rund halb so starken Rückgang der Erwerbslosenzahlen im Jahresschnitt.
"Der Arbeitsmarkt wird zwar auf die konjunkturellen Impulse reagieren, aber nur vorsichtig", ist Zeuner überzeugt. Denn er rechnet nicht damit, dass der anspringende Konjunkturmotor bei Unternehmen eine größere Investitionsoffensive auslösen wird. "Es gibt bei Firmen viel Unsicherheit bei Erweiterungsinvestitionen", berichtet er. Angesichts der Rahmenbedingungen wie die Instabilität in der Eurozone und des zukünftigen Verhältnisses zu Russland stellten viele Firmen erst einmal ihre Investitionen zurück.
Aktuell läuft es auf dem Arbeitsmarkt nach übereinstimmender Einschätzung der Ökonomen aber noch rund. Sie gehen für März von rund 2,94 Millionen Arbeitslosen aus; dies wären rund 80.000 weniger als im Februar und rund 115.000 weniger als vor einem Jahr. Der Arbeitsmarkt profitiere vom milden Winter und der erstarkenden Konjunktur. "Die günstige Konjunktur sorgt auch auf dem Arbeitsmarkt für einen Schub", erklärt DZ-Bank-Volkswirt Michael Holstein. Mit Auswirkungen wegen des Mindestlohns rechnen die meisten Ökonomen erst in der zweiten Jahreshälfte. (dpa)