Essen. . Der Energiekonzern RWE erwägt eine Kooperation mit arabischen Investoren. Angeblich gibt es Pläne für einen Einstieg von Abu Dhabi als Großaktionär.

Steigen Scheichs aus Abu Dhabi beim Essener Energiekonzern RWE ein? Auf dem Aktienmarkt beflügeln entsprechende Spekulationen die Fantasie der Anleger. Die Aktie des zuletzt eher angeschlagen Unternehmens ist in die Höhe geschossen, als eine Nachricht der Agentur Bloomberg die Runde machte: Angeblich gibt es Pläne von Geldgebern aus Abu Dhabi, zehn Prozent am Revierkonzern zu übernehmen. Dies könnte die Investoren 1,5 Milliarden Euro kosten – Ende 2014 hatte RWE einen Börsenwert von rund 15,5 Milliarden Euro.

Eine Bestätigung des Unternehmens gibt es bislang nicht, aber auch kein Dementi. RWE spreche mit einem Großinvestor aus dem arabischen Raum über eine mögliche Kooperation, teilte das Unternehmen mit. Der Investor habe den Konzern bereits vor einigen Monaten angesprochen. „Wir prüfen derzeit verschiedene Arten der Kooperation.“ Mehr lasse sich dazu derzeit nicht sagen.

Miteigentümer von Manchester City

Einer der möglichen Investoren aus Abu Dhabi soll Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan sein – ein einflussreiches Mitglied der Herrscherfamilie. Fußballfans ist er als Miteigentümer des britischen Premier-League-Vereins Manchester City bekannt. Der Scheich steht auch an der Spitze der International Petroleum Investment Company (IPIC). Der staatliche Investmentfonds war vor einigen Jahren zwischenzeitlich auch beim Essener Industrie-Anlagenbauer Ferrostaal eingestiegen. Beim Autobauer Daimler hatte sich Abu Dhabi ebenfalls engagiert. Daimler-Chef Dieter Zetsche zählt derzeit zu den RWE-Aufsichtsräten.

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Der Auftrag für Ferrostaal lautete, Großprojekte für das Scheichtum zu entwickeln – zum Beispiel für die Energieindustrie. Abu Dhabi will nicht nur Rohstoffe wie Öl und Gas verkaufen, sondern interessiert sich auch für Solaranlagen, Windradprojekte oder Themen wie Energieeffizienz.

Ähnliche Überlegungen spielen nun auch bei RWE eine Rolle. Der Ruhr-Konzern will sein Engagement im Nahen Osten und in Nordafrika ausbauen. Aus diesem Grund hat RWE unlängst den früheren Chef des Wüstenstrom-Projekts Desertec, Paul van Son, verpflichtet. „Großanlagen bauen und betreiben – das können nur ganz wenige Unternehmen“, heißt es im Umfeld von RWE. Man wolle deutsche Technologie zum Exportschlager machen. Doch möglicherweise geht es nicht nur darum, Produkte aus dem Hause RWE zu vermarkten. Auch ein Einstieg der Investoren aus Abu Dhabi scheint Teil der Gedankenspiele zu sein. „Alles ist denkbar“, sagt ein Insider.

Bei Anlegern wird die Entwicklung aufmerksam verfolgt. „Das wäre ein Meilenstein für RWE“, kommentiert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), einen möglichen Einstieg von Investoren aus Abu Dhabi. „Mit dieser Aktion würde sich der Vorstand freischwimmen – und emanzipieren von den Kommunen, deren Einfluss in den vergangenen Monaten durchaus bedeutend war.“

Weniger Einfluss für die Kommunen?

Die kommunalen RWE-Aktionäre – darunter Städte wie Essen, Dortmund und Mülheim – halten rund 24 Prozent am Konzern. Ihr Einfluss bei RWE könnte schwinden, wenn ein neuer Großaktionär aus der Golfregion bei wichtigen Entscheidungen mitredet. Tüngler verweist darauf, dass RWE-Chef Peter Terium nun ohnehin gestärkt agieren kann. Sein Vertrag ist unlängst bis zum Jahr 2021 verlängert worden. Schon bei der Bilanzvorlage hat Terium angekündigt, dass RWE verstärkt im arabischen Raum Geschäfte machen will.