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Warnstreiks an den Bankschaltern, Tarifkonflikt mit der Gewerkschaft Verdi, durch neue Kontogebühren verprellte Kunden: Die Postbank macht derzeit Schlagzeilen von eher weniger schmeichelhafter Natur. Dabei geht es dem einstigen Staatsunternehmen eigentlich gut. Im Jahr 2013 steigerte das in Bonn ansässige Kreditinstitut seinen Konzerngewinn auf 330 Millionen Euro – nach 287 Millionen Euro im Jahr zuvor. Dem Mutterkonzern Deutsche Bank konnte man per Gewinnabführungsvertrag einen satten dreistelligen Millionenbetrag überweisen. Auch 2014 ließ sich offenbar sehr gut an. Allein in den ersten neun Monaten verbuchte das NRW-Un­ternehmen nach eigenen Angaben einen Konzerngewinn von 431 Millionen Euro.

„Kunden sind bitter enttäuscht“

Umso unverständlicher ist für Verbraucherschützer wie Hjördis Christiansen das aktuelle Gebaren der Postbank bei den neuen Regeln für den Zahlungsverkehr von Privatkunden. Die Expertin der auf Bankenthemen spezialisierten Verbraucherzentrale Hamburg weiß von vielen vor allem älteren Postbank-Kunden, „die bitter enttäuscht sind“, weil sie plötzlich für eine Überweisung auf Papier 99 Cent bezahlen sollen. Diese so genannten beleghaften Überweisungen waren bislang kostenlos. Ab 1. April soll der gebührenfreie Zahlungsverkehr nur noch für Online- und Telefonbanking gelten. Darüber berichtete auch diese Zeitung. Verteidigt hatte die Postbank den Aufschlag mit hohen Bearbeitungskosten und rückläufiger Nutzung der papiergebundenen Zahlungsweise. Nur noch knapp vier Prozent aller Überweisungen würden auf Papier ausgeführt, hieß es.

Inzwischen ist klar: Die Postbank hat auf die Kritik reagiert und erlässt unter bestimmten Umständen besonders ihren langjährigen und älteren Kunden auf Kulanz die Papierabgabe, hält aber ansonsten an dem neuen Gebührenmodell fest. Auch der Ärger ist damit nicht zu Ende. Denn Kunden, die gegen die Vertragsveränderung Widerspruch eingelegt haben, droht nun der Rauswurf aus der Postbank-Giro-Gemeinde. Falls der Kunde den Widerspruch nicht zurücknehme, könne es „im Zweifel zur Beendigung des Vertragsverhältnisses“ kommen, räumte Postbank-Sprecher Ralf Palm gegenüber dieser Zeitung ein. Betroffen seien aber „nur einige wenige Fälle“, so Palm.

Verbraucherschützerin Christiansen hat dennoch kein Verständnis für das Verhalten der Postbank. Sie weiß von Postbank-Kunden, denen nur bei Verzicht auf das Widerspruchsrecht die Gebühren aus Kulanz erlassen wer­den sollen. „Diese Koppelung ist perfide“, sagt die Bankenexpertin – auch deshalb, so Christiansen, weil die Bank wegen der Kosten für „ein paar Papierbelege wohl kaum in die Insolvenz rutschen werde“.

Andererseits wirft der Postbank-Fall ein Schlaglicht auf den Wandel im Bankensektor. Durch die anhaltende Zinsflaute hat sich die Erlössituation in der Kreditbranche dramatisch verändert. Mit dem Geldverleih lässt sich immer weniger Rendite machen. Der Kampf um neue Kunden rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt. Auch das Aufkommen von Direktbanken und der zunehmende Trend zum Online-Banking setzt die Institute unter Druck. Kostenlose Girokonten sind dabei ein verbreitetes Mittel, den im sogenannten Retailgeschäft mit den Privatverbrauchern dominierenden, aber mit höheren Kosten für ihr dichtes Filialnetz belasteten Sparkassen und Volksbanken Kunden abzujagen. Doch nach Einschätzung von Experten stoßen die Billigangebote an ihre Grenzen. Der Bankenverband warnt davor, dass kostenlose Girokonten betriebswirtschaftlicher Unsinn seien. Auch die Präsidentin der Bankenaufsicht Bafin, Elke König, sagte neulich: „Über Girokonten, Depots oder Kreditkarten zum Nulltarif mögen sich die Kunden freuen, wirtschaftlicher Logik entsprechen sie nicht.“

Für Verbraucherschützerin Hjördis Christiansen sind das nur Krokodilstränen: „Ich meine, dass die Banken noch genug Geld verdienen, um günstige Girokonten anbieten zu können.“