Frankfurt/Main. Bei der Deutschen Bahn wird wieder gestreikt, das hat die Gewerkschaft GDL am Mittwoch entschieden. Noch aber verrät sie nicht, wann und wie lange.
Die Lokführergewerkschaft GDL hat neuerliche Streiks bei der Deutschen Bahn angekündigt. Zu Zeitpunkt und Dauer machte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Mittwoch in Frankfurt allerdings keine Angaben. Die GDL werde den nächsten Ausstand "rechtzeitig ankündigen" und auch dessen Länge bekanntgeben.
Vor der Entscheidung der GDL-Spitzengremien für die Wiederaufnahme von Streiks hatte Weselsky von rund 100 Stunden Arbeitskampf gesprochen. Das wären mehr als vier Tage. Die GDL hatte im Herbst bereits sechsmal bundesweit zu Streiks aufgerufen. Sie trafen den Zugverkehr empfindlich, legten ihn aber nicht komplett lahm.
Weselsky fügte hinzu, die Bahn habe die Chance, den Arbeitskampf noch abzuwenden, wenn sie ein Positionspapier der GDL doch noch unterzeichne. Das bundeseigene Unternehmen hatte zuvor eine Unterschrift unter das Dokument abgelehnt. Damit erfüllte sie ein von der GDL gesetztes Ultimatum nicht.
Bahn hofft noch auf Gespräche mit GDL
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber zeigte kein Verständnis für die neuerliche Streikankündigung. "Es gibt keinerlei Veranlassung, der Verhandlungsstand ist eigentlich so, dass wir zu Ergebnissen kommen könnten", sagte Weber in Frankfurt. "Von daher halte ich diese angekündigten Streiks für unverhältnismäßig." Er habe aber wegen des fehlenden konkreten Termins die Hoffnung, den Arbeitskampf in Gesprächen mit der Gewerkschaft noch abwenden zu können. Die GDL solle das Gesprächsangebot der Bahn annehmen und den Verhandlungstisch erst wieder verlassen, wenn es ein Ergebnis gibt: "Ultimaten zu setzen bringt uns nicht weiter."
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In dem Papier sind Grundpositionen der Gewerkschaft festgeschrieben. Aus Sicht der Bahn enthält es aber nicht den Sachstand, sondern Maximalforderungen der GDL. Am Mittwochmorgen bot die Bahn der GDL schriftlich ein Spitzengespräch an, um gemeinsam ein Protokoll der bisherigen Verhandlungen zu erstellen. Darauf ging die GDL nicht mehr ein.
GDL will von Bahn eigenständige Tarifverträge erzwingen
Weselsky hatte der Bahn vorgeworfen, bei den Verhandlungen auf Zeit zu spielen. Der Konzern habe in der jüngsten Runde am 11. Februar zuvor gemachte Zusagen zurückgenommen. Die Lokführergewerkschaft dringt auf eigenständige Tarifverträge auch für jene GDL-Mitglieder, die nicht Lokführer sind. Dazu gehören vor allem Zugbegleiter und Lokrangierführer.
Die Bahn lehnt dagegen unterschiedlichen Tarifregelungen für ein und dieselbe Berufsgruppe ab. Auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will voneinander abweichende Tarifverträge innerhalb einer Berufsgruppe vermeiden. Eine Bahn-Sprecherin hatte den Vorwurf der Verzögerungstaktik zurückgewiesen. "Eine Lösung geht nur durch sprechen, verhandeln, verhandeln und sprechen."
Beamtenbund kritisiert erneute Streik-Androhung der GDL
Der GDL-Dachverband Deutscher Beamtenbund kritisierte die neuerliche Streikandrohung. Dem "Tagesspiegel" sagte DBB-Vize Klaus Dauderstädt: "Zwei aktuelle Positionspapiere liegen auf dem Tisch und müssen in Übereinstimmung gebracht werden. Deshalb ist jetzt nicht die Zeit für Eskalation, sondern für intensive Verhandlungen." Der DBB entscheidet über mögliche Streikbeihilfen an ihre Mitgliedsorganisation GDL.
Noch am Morgen seines 56. Geburtstages hatte Weselsky am Mittwoch über die ständigen Verhandlungsangebote der Bahn gespottet. Den Vorwurf, er habe der Bahn die Pistole auf die Brust gesetzt, konterte er: "Wir haben keine Lust, die Pistole hochzuheben und zu sagen 'jetzt oder nie' und dann zuzuschauen, dass Moos aus dem Lauf wächst, weil die Bahn uns immer wieder zu Verhandlungen einlädt."
Seit Herbst bisher zwei Warnstreiks und vier Streiks
Elf Verhandlungsrunden hätten gezeigt, dass die Bahn weder willens noch in der Lage sei, den Tarifkonflikt zu beenden. Weselsky forderte den DB-Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube und den Eigentümer Bund auf, die Verhandlungsführung zum Einlenken zu bewegen. "Beide sind in der Pflicht, die Eskalation abzuwenden", erklärte der GDL-Chef.
Der komplizierte Tarifkonflikt war erstmals im Herbst eskaliert. Nach zwei Warnstreiks im September folgten auf Grundlage einer Urabstimmung bis Anfang November vier längere Streiks - bis dato insgesamt 165 Stunden Streik. Dadurch fiel jeweils ein Großteil des Zugverkehrs in ganz Deutschland aus. Abgesehen von dem Grundsatzstreit um die Berufsgruppen fordert die GDL in dieser Tarifrunde fünf Prozent mehr Geld, eine kürzere Wochenarbeitszeit sowie eine Begrenzung der Überstunden.
Leere Bahnhöfe beim GDL-Streik