Fünf Monate vor seiner Eröffnung lässt der „Revuepalast Ruhr” die Puppen tanzen

Herten. Es war eigentlich wie meistens, wenn Projekte mit Tamtam angekündigt werden: Alles wird bunt angestrahlt, manches auch vernebelt, und bei Nachfragen sieht man häufig noch Verrenkungen. Nur muss man es in diesem Falle wörtlich nehmen: Nebel, Licht und Verrenkungen gehörten zu einem Revue-Programm. Und umgekehrt steht die Person, die das alles veranlasste, eigentlich bisher dafür gerade, dass ein Projekt kein Nebel bleibt.

»Ich möchte hier Qualität liefern, also nicht irgendwie mal so«

Christian Stratmann mit Künstlern des Travestie-Ensembles „Femme fatale”.
Foto: Reiner Kruse
Christian Stratmann mit Künstlern des Travestie-Ensembles „Femme fatale”. Foto: Reiner Kruse © WAZ

Christian Stratmann (58), der Prinzipal des Theaters „Mondpalast” in Wanne-Eickel, wird Ende Oktober dieses Jahres in Herten den „Revuepalast Ruhr” eröffnen. Am Donnerstag ließ er in der dafür vorgesehenen, doch noch nicht umgebauten Heizzentrale des früheren Zechengeländes Ewald 1/2/7 ein bisschen Programm aufführen, um zu zeigen, wie es einmal werden könnte; ließ sozusagen die Puppen tanzen, darunter eine nebelfreie Kylie in knappen weißen Schleiern: „I just can't get you out of my head.”

Womit wir bei Wolfgang Werner wären, dem das Ewald-Gelände seit Jahren nicht aus dem Kopf geht. Ewald, das waren 120 Jahre Zechengeschichte, zehntausende gute Männer arbeiteten hier, bis das Ende kam im Jahr 2000. Ein gut aussehender 50-Hektar-Klotz am Bein der Stadt, ein bisschen Neubau gibt es, neue Arbeitsplätze auch; und diesen Wolfgang Werner eben, der kurzerhand drei Fördertürme, die Heizzentrale und ein Maschinenhaus gekauft hat.

„Die Architektur fasziniert mich”, sagt der 61-jährige Bauingenieur. Auf dem Weg, den er gehen will zu einer „deutschlandweit bekannten Erlebnismeile”, kam ihm aber auch die Einsicht: „Wir haben eine tolle Infrastruktur durch die Autobahnen (2 und 42), aber wir sitzen hier ganz allein.” Halde, Brache, weite Flur, und weit ist der Weg zur Bekanntheit: Industriegastronomie gibt es bisher hier, eine Kochwerkstatt, Schalke auf der Großleinwand, Silvesterpartys – das ist alles noch ausbaufähig. Zur Bekanntheit wird nun Stratmann beitragen mit seinem Revuepalast Ruhr. „Ich möchte hier Qualität liefern, also nicht irgendwie mal so”, sagt er. Travestie auf hohem Niveau werde im Mittelpunkt stehen: „Das Ruhrgebiet braucht das, das hat es noch nicht.” Die Heizzentrale sei dafür der einzig richtige Ort, es ist eine Ruhrgebietshalle wie selbstgehauen. Der Revuepalast auf der Zechenbrache mag eine waghalsige Idee sein, neben Europas größten Bergehalden und so weit ab von jedem Stadtzentrum; aber die Idee vom Ruhrgebietstheater Mondpalast am Anfang des Jahrzehnts war ja auch völlig verrückt. Heute, über fünf Jahre nach seiner Eröffnung, muss man sagen: Respekt, Herr Stratmann! Es gibt freilich auch keinerlei unsympathische Berührungsängste vor Kalauern, wie das Silvesterstück „Dinner for Wanne” mühelos beweist.

www.revuepalast-ruhr.com

CHRISTIAN STRATMANN

Der Kandidat

Christian Stratmanns Gesicht kennen Sie wahrscheinlich, es hängt auf Wahlplakaten im halben Ruhrgebiet: Stratmann will für die FDP nach Europa. Zudem erwägt die Essener FDP, ob Stratmann ihr Kandidat wird für die OB-Wahl im August.