Oberhausen. Die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen widmet Thomas Hoepker eine große Werkschau. Eine Aufnahme des Bildreporters spaltete die Öffentlichkeit in den Vereinigten Staaten

Fünf junge Menschen sitzen entspannt am Ufer des East River. Was kaum fassbar ist, denn im Hintergrund brennt Manhattan. Terroristen haben Flugzeuge in die Türme des World Trade Center gelenkt. Tausende sterben. Mit diesem Nine-Eleven-Bild hat der Fotograf Thomas Hoepker die Öffentlichkeit in den USA gespalten. Und die Welt bewegt.

Nach der Foto-Legende Henri Cartier-Bresson widmet die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen nun auch dem bedeutendsten deutschen Bildreporter eine eigene Ausstellung. Den Fotos des 72-jährigen Münchners, der heute in New York lebt, sind vermutlich fast alle begegnet, die in den 60er und 70er Jahren aufgewachsen ist. Als Illustrierte wie „Kristall” aus dem Springer-Verlag auf dem Markt waren und der „Stern” seinen Sündenfall mit den Hitler-Tagebüchern noch vor sich hatte.

INFOS:

  • Adresse: Ludwig Galerie Schloss Oberhausen, Konrad Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen.
  • Bis 14. September, täglich außer montags 11 bis 18 Uhr. Eintritt 6,50 Euro, ermäßigt 3,50 Euro, Familien 10,50 Euro. Der Katalog, 272 Seiten mit 195 Abbildungen, kostet 39,80 Euro.
  • Während der Extraschicht am 21. Juni ist die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen von 18 bis 2 Uhr geöffnet.

Reportagen und Fotostrecken über zehn, zwölf Seiten waren die Regel, heute kaum denk- und auch nicht finanzierbar. Und der Mann mit dem Blick für den Menschen, der das Laute und Schockierende eigentlich nicht mag, hieß oft Thomas Hoepker. Der gab bei der Ausstellungseröffnung unumwunden zu, ganz bewusst ein „Auftragsfotograf” zu sein, dessen Ehrgeiz darin besteht, „mehr und Besseres mitzubringen” als vom Auftraggeber erhofft. „Fahr dahin” – unzählige Male hat Hoepker diese Aufforderung gehört und dann die Welt bereist. Oft zusammen mit Autoren wie Eva Windmöller oder Rolf Winter, mit dem Hoepker später auch bei „Geo” zusammenarbeitete. Es entstanden wunderbare, einfühlsame Reportagen. Wenn er privat unterwegs ist, nimmt Hoepker seine Kamera nur selten mit. Den „Jagdblick” des Bildreporters will er dadurch bewusst ausblenden.

Willy Brandt 1967 beim fröhlichen Bad im Schwarzen Meer, Muhammed Ali, der vor dem WM-Kampf 1966 in London zu Allah betet, Robert Havemann und Wolf Biermann 1975 in der damaligen DDR, wo Hoepker als Korrespondent akkreditiert war. Eines der berühmtesten Bilder: Die japanische Kabuki-Tänzerin. Berühmten Persönlichkeiten und den kleinen Leuten hat er in die Seele geschaut. Auch wahrlich ergreifende Landschaftsbilder sind darunter, wie das des Moreno Gletschers in Patagonien.

Über 200 dieser Fotos sind in der Ludwig Galerie zu sehen. Meisterhaft angeordnet von Kurator Prof. Peter Pachnicke, der nach Einschätzung von Hoepker aus den Exponaten, die schon in München, Hamburg und Berlin gezeigt wurden,„eine völlig neue Ausstellung kreiert hat”.

Thomas Hoepker ist ein Purist, der mit einer 9x12 Plattenkamera begann. In einem Journalistenhaushalt die Druckerschwärze einsog, sich dann die Leica vom Munde absparte. Technische Manipulation sind ihm ein Gräuel, ebenso Bildausschnitte. Allenfalls darf nachgedunkelt oder nachbelichtet werden.

Zurück zum Nine-Eleven-Foto. Es wanderte zunächst in die Hoepkers „B-Kiste”, wurde dann vier Jahre später in der liberalen New York Times besprochen. Der Konter kam vom konservativen Wallstreet Journal. „Es schwappte über in die Blogs”, erinnert sich Hoepker, der einräumt, sich „vielleicht unfair” gegenüber den Leuten auf dem Bild verhalten zu haben. Denn es sei auch menschlich, wenn man beim Anblick einer Katastrophe nicht die Hände vors Gesicht schlage.