Essen. Schlips ab, Wollmütze auf: Normalerweise steuert Jürgen Großmann den Tanker RWE. In den Ferien steht der Chef des Energieriesen am Ruder von Hochseejachten. Großmann verrät sein Geheimrezept gegen Seekrankheit, die Crewliste der „Unerschrockenen Elf” und was das mit dem Baldeneysee zu tun hat

Jenseits der Bilanzen plaudert der Chef des Essener Energieversorgers RWE, Jürgen Großmann, über - das Segeln.

Ist Segeln das Gegenteil vom RWE-Kapitänsalltag?

Großmann: Ein Segelboot ist, jedenfalls bei akzeptablem Wetter, eine mobile Hütte. Es ist das Stück Romantik, das man mit sich durch die Welt schleppt. Was mich aber am meisten fasziniert: Dass es sich dabei lautlos bewegt. Ich wollte übrigens nie in offenen Booten segeln, sondern immer eine Kajüte haben, in die man sich zurückziehen kann und wo man es gemütlich hat: Abends vor Anker liegen und Skat spielen, zum Beispiel.

Das perfekte Segelboot?

Großmann: Das perfekte Boot muss so aussehen, dass meine Frau, meine drei Kinder plus die Partner meiner drei Kinder plus ein paar Leute, die was vom Segeln verstehen, darauf Platz haben. Also, es müsste eine Ketsch sein (ein Zweimaster, d. Red.), und da wir gerne größere Törns machen, müsste sie, nun ja, eine gewisse Länge haben. Ein Kompressor zum Tauchen und ein Bötchen, mit dem man Wasserski fahren kann, wären auch gut.

Was kommt auf den Tisch?

Großmann: Das kommt immer darauf an, wo man gerade ist. Vor zwei Jahren haben wir einen Ostseetörn gemacht, da gab's Erbsensuppe. Wenn Sie aber durch die griechische Inselwelt fahren, passt Erbenssuppe nicht so gut. Überhaupt ist das wunderbar: Wenn Sie in einem kleinen Hafen ins Lebensmittelgeschäft gehen und für fünfzehn Mann für die nächsten vier Tage einkaufen, ist plötzlich der Laden leer.

Was kommt ins Glas? Sie haben ja Ihrer Frau beim Antritt als RWE-Chef versprochen, 1000 Tage keinen Alkohol zu trinken.

Großmann: Ja, das dauert noch 340 Tage. Aber davon ab: Wenn richtig raue See ist und harter Wind, dann muss ich an Deck sein und irgendein kräftiges Sandwich essen. Am liebsten eins mit einem dünnen Steak drauf. Dazu trinke ich - natürlich erst wieder nach den 1000 Tagen - einen Lockstedter, das ist so ein Ingwerschnaps, und ein Bier. Dann geht's mir gut - und ich werde nicht seekrank.

Holt Sie der Job an Bord ein? Ist Ihr Handy aus?

Großmann: Bei mir ist es so, dass ich nicht gerne angerufen werde. Ich rufe lieber selbst an. Im Urlaub telefoniere ich nach dem Frühstück eine Stunde lang, egal wann und wo. Aber damit ist es auch gut, dann denke ich: Du hast Deine Pflicht getan - 23 Stunden am Tag Urlaub, eine Stunde Geschäft.

Mit wem segeln Sie gerne?

Großmann: Auf der einen Seite ist das meine Familie. Zum anderen sind da die „Unerschrockenen Elf”. Das ist die Crew, mit der wir vor zwei Jahren über den Atlantik gesegelt sind: ein Professor für Architektur, ein Meteorologe, ein ehemaliger Vorstand eines sehr großen deutschen Zeitungshauses, ein Vorstand eines sehr großen deutschen Kommunikationskonzerns, ein Unternehmer, der Küchengeräte baut, ein Finanzinvestor, ein Notar, ein Rechtsanwalt, ein Orthopäde und mein Bruder.

Wohin ging der letzte Törn?

Das war mein Sommerurlaub. Die Familie hat sich in Kroatien getroffen, da haben wir ein Schiff mit Crew übernommen und es dann vierzehn Tage später in Südfrankreich wieder abgegeben.

Schon in Seenot geraten?

Großmann: Vor der ersten Transatlantik-Regatta hatten wir die "Unerschrockenen Elf" zusammengeholt, um Sturmsegeln zu üben. Wir hatten uns morgens in Cuxhaven getroffen und wollten nach Helgoland segeln. Wir lagen im inneren Hafen hinter einer Zugbrücke, aber der Sturm war so stark, dass sie aus Angst um die Brücke nicht aufmachen wollten. Drei Stunden später trauten sie sich, und wir sind aus dem Hafen ausgelaufen. Gleich die erste Böe legte das Boot flach aufs Wasser. Da haben wir Kriegsrat gehalten und uns gesagt: Vielleicht ist das für Helgoland doch nicht der richtige Tag. Wir sind dann nach Glücksburg gesegelt und haben Matjes gegessen.

Wie geht der Satz für Sie weiter: „Segeln auf dem Baldeneysee ist für mich...”?

Großmann: ... eine Jugenderinnerung. Einer meiner Freunde hatte früher ein Boot auf dem Baldeneysee. Ich bin da zum ersten Mal gesegelt.

„Eine Flaute überstehe ich, indem ich...”?

Großmann: ... Skat spiele oder über Bord springe und schwimmen gehe.

„Bei Windstärke acht würde ich niemals...?”

Großmann: ... hoffen, dass der Wind stärker wird.