Dortmund. Ein Bergkamener Unternehmen hatte zwei Bäcker wegen Diebstahls fristlos entlassen. Das Gericht entschied nun: Beide müssen weiterbeschäftigt werden. Der eine aus formalen Gründen, der andere, weil er schon 24 Jahre zum Betrieb gehört.

Benjamin L. (26) und Horst D. (44) müssen weiterhin als Bäcker beschäftigt werden. Und zwar bei der Bergkamener Bäckerei Westermann, die sie wegen des Probierens einer Backzutat fristlos entlassen hatte. Das entschied am Dienstag die zweite Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund. In beiden Fällen ließen die Richter die Frage unbeantwortet, ob das Probieren des Aufstrichs rechtens war und als Kündigungsgrund reichte. Bei L. entschieden formale Gesichtspunkte, bei D. war es die lange Betriebszugehörigkeit (24 Jahre), die die Kündigung unwirksam machte. Die Richtersprüche wurden am Dienstag mit Applaus von den Zuschauerrängen begrüßt.

In beiden (getrennt verhandelten) Fällen hatten die entlassenen Bäcker gegen ihre Kündigung geklagt. Sie wollten sich nicht als Diebe abstempeln lassen. Schließlich hätten sie lediglich eine Backzutat probiert, die ihnen überwürzt erschienen sei. Im Fall Benjamin L. hatte die Gewerkschaft Nahrung-Gaststätten-Genuss (NGG) schon im Vorfeld erklärt, der wahre Kündigungsgrund sei dessen Zugehörigkeit zum Betriebsrat und zur NGG.

Ähnlichkeit zum Berliner Fall

Die Bäckerei Westermann rückte für ihr rigides Vorgehen in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Die Ähnlichkeit zu dem Berliner Fall einer Kassiererin, die wegen falsch abgerechneten Flaschenpfands in Höhe von 1,30 Euro entlassen wurde, war offenkundig. In Berlin hielten die Arbeitsrichter die Kündigung der Frau für gerechtfertigt.

In Dortmund erklärte nach der Verhandlung ein sichtlich erleichterter Benjamin L.: „Ich weiß noch nicht, ob ich dort wieder arbeiten werde. Aber ich bin zufrieden, dass so entschieden wurde. Ich habe schließlich nichts getan.” Westermann kündigte an, sowohl in seinem Fall, wie im in dem von Horst D. Revision einlegen zu wollen. „Es muss doch klare Richtlinien dafür geben, was ein Arbeitnehmer darf und was nicht”, so Rechtsanwalt Rudolf Halstrich.

Angespanntes Arbeitsklima

Dass die Mitarbeiter des Unternehmens wenig Vertrauen genießen, ergaben bekannt gewordene Details. Zwölf Überwachungskameras allein in der Backstube, Löhne bis zu 25 Prozent unter Tarif und ein „höllischer Umgangston” sorgen bei den rund 300 Beschäftigten, die sich auf 40 Filialen verteilen, für ein angespanntes Arbeitsklima. NGG-Gewerkschaftssekretär Manfred Sträter erinnerte daran, dass die Geschäftsführung vor einem Jahr alles in Bewegung gesetzt habe, die Gründung eines Betriebsrates zu verhindern.

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