Düsseldorf. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Vorstand Gary Elliott und sieben weitere Manager der Branche wegen illegaler Preisabsprachen. Bei Rüstungsgeschäften mit Angola und Südafrika soll zudem Schmiergeld geflossen sein.

Gary Elliott, 63, galt einmal als der Liebling von Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz. „Elliott nimmt jede Höhe und reißt nie die Latte”, hatte Schulz 2003 einmal über den Kanadier gesagt. Elliott war damals Mitglied des Konzernvorstandes und als Chef der aufstrebenden Sparte Aufzüge auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Doch dann folgte der Absturz.

Vor einem Jahr erst verhängte die EU-Kommission eine Rekordstrafe von knapp einer Milliarde Euro wegen illegaler Preisabsprachen gegen führende Aufzughersteller, fast die Hälfte (479,7 Millionen Euro) entfiel auf Thyssen-Krupp. Der Fall ist damit nicht abgeschlossen. Jetzt ist die Staatsanwaltschaft Düsseldorf den Drahtziehern des Kartells auf der Spur. Prominentester Fall: Gary Elliott.

„Im Moment ermitteln wir gegen acht Personen, es werden aber mit Sicherheit noch einige hinzukommen”, sagte Staatsanwalt Arno Neukirchen der WAZ. Vermutet wird, dass Elliott direkt über die Preisabsprachen informiert war. „Einfache Vertriebsmitarbeiter allein können das nicht so einfach tun”, sagte Neukirchen. Solche Marktabsprachen werden mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren belegt.

Elliott ist immer noch für Thyssen-Krupp tätig. Er repräsentiert inzwischen das Unternehmen in Nordamerika. Sein Weggang aus der Konzernzentrale in Düsseldorf und die Aufgabe seiner Ämter im Sommer 2006 – mitten in der Hochphase der Ermittlungen der EU-Kommission – hätten nach Angaben einer Unternehmenssprecherin nichts damit zu tun.

Die Ermittlungen wegen Preisabsprachen stehen unter anderem im Zusammenhang mit prestigeträchtigen Bauten im gesamten Bundesgebiet. So soll es Absprachen gegeben haben beim Bau der Allianz Arena und dem neuen, höchsten Büroturm Bayerns, dem Uptown in München, außerdem beim neuen Lehrter Hauptbahnhof in Berlin und beim Bau des Düsseldorfer Bürohochhauses GAP 15. Den Auftrag im GAP 15 hatte seinerzeit Thyssen-Krupp erhalten und dort allein 18 Aufzugsanlagen eingebaut.

Im Visier der Staatsanwaltschaft sind auch Mitarbeiter des Marktführers Otis aus den USA, Schindler aus der Schweiz und Kone aus Finnland. Der Markt für Aufzüge und Rolltreppen ist hart umkämpft. Auf 30 Milliarden Euro werden die gesamten Geschäftsaktivitäten der Branche weltweit geschätzt.

Der Thyssen-Krupp-Konzern ist für die Strafverfolger ein bekanntes Terrain. Zurzeit laufen bereits Ermittlungen gegen wegen Korruptionsverdachts bei einem geplanten Rüstungsgeschäft mit Angola gegen drei Mitarbeiter des Werftenverbunds Thyssen-Krupp Marine Systems. Schon im Dezember wurden Büros des Unternehmens in Essen und in Hamburg durchsucht. Im Vorfeld eines Vertragsabschlusses über eine Fregatte und drei Küstenwachschiffe sollen hohe Schmiergeldbeträge geflossen oder in Aussicht gestellt worden sein.

Aus den Unterlagen der Staatsanwaltschaft geht hervor, dass im Falle eines Vertragsabschlusses ein gewisser prozentualer Anteil der Auftragssumme von insgesamt 750 Millionen Euro überwiesen worden wäre. Zu dem Werftenverbund gehören außerdem die Werften Blohm + Voss in Hamburg sowie die Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel.

Auf den Fall in Angola sind die Staatsanwälte eher zufällig im Zusammenhang mit der Analyse von Unterlagen zu einem anderen Korruptionsfall in Südafrika gestoßen. Auch dort steckt der Werftenverbund Thyssen-Krupp Marine Systems drin. Die Ermittler gehen hier von einer Schmiergeldsumme von bis zu 25 Millionen Dollar aus.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft steht Thyssen-Krupp wegen der Fälle in Angola und in Südafrika über einen Anwalt mit den Ermittlern in Verbindung. Der Konzern geht nach Angaben der Sprecherin davon aus, dass sich die Vorwürfe nicht bestätigen.