Wuppertal. Nach dem Tod der Kult-Choreografin buhlt nicht nur Wuppertal um den ihren Nachlass - auch die Museumsinsel Hombroich und das Tanzarchiv Köln sind im Rennen.

Pina Bausch und die Stadt Wuppertal – das war seit Jahrzehnten eine untrennbare Einheit. Kein Wunder, dass man nach dem plötzlichen Tod der Tanztheater-Chefin Ende Juni im Barmer Rathaus zu der Überzeugung kam, dass ihr künstlerisches Vermächtnis in Wuppertal am besten aufgehoben ist. Doch knapp zwei Wochen vor der offiziellen Trauerfeier am 4. September mehren sich die Anzeichen, dass das Ringen um Pina Bauschs choreografisches Erbe nicht geräuschlos vonstatten gehen wird.

Mit der Stadt Wuppertal, der Museumsinsel Hombroich und dem Tanzarchiv in Köln gibt es inzwischen mindestens drei mögliche Interessenten. Dass es einen Ort geben muss, an dem Bauschs Lebenswerk in Zukunft nicht nur aufbewahrt, sondern tanzgeschichtlich aufgearbeitet und für die Nachwelt erhalten wird, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Ihre Choreografien, mit denen sie weltweit Triumphe feierte, dürften noch über Jahrzehnte in aller Welt nachgefragt und aufgeführt werden. Wie Kurt Jooss' legendärer „Grüner Tisch”, jene weltberühmte Folkwang-Schöpfung, die heute noch exakt so aufgeführt wird wie 1932. Auch der Tanz hat seine Partituren.

Hombroich wirft den Hut in den Ring 

Pina Bausch. (c) ddp
Pina Bausch. (c) ddp © NRZ_Kai Kitschenberg | NRZ_Kai Kitschenberg





Das Wo allerdings könnte zur Streitfrage geraten. Neben der Stadt Wuppertal hat inzwischen auch die Museumsinsel Hombroich den Hut in den Ring geworden, wo man auf einen letzten Besuch von Pina Bausch kurz vor ihrem Tod zusammen mit NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) verweist und die Tanz-Ikone mit dem Satz zitiert: „Ich möchte mit meinem gesamten Nachlass hierher nach Hombroich.” Ein zwischenzeitlich ins Stocken geratenes Bauprojekt, das geplante Haus der Musik, gilt als möglicher Archiv-Standort auf der ehemaligen Nato-Raketenstation. Hier könnten die Tanzschriften aufbewahrt und die zahllosen Ehrungen und Gastspiele dokumentiert werden, auch Übungsräume und kleinere Aufführungen wären möglich.

Für die inhaltliche Arbeit habe man aber weder das Knowhow noch die Finanzen, erklärt Wilhelm Petzold, Geschäftsführer der Museumsinsel. Die Adresse geht an Staatssekretär Grosse-Brockhoff, selbst Vorstandsmitglied der Hombroich-Stiftung, der bei der Finanzierung des künftigen Bausch-Archivs, wo auch immer, ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben dürfte.

„Mit dem Nachlass muss gearbeitet werden” 




Man habe aber nicht die Absicht, „das Projekt nach Hombroich zu zwingen. Entscheidend ist das Konzept. Es muss mit dem Bausch-Nachlass gearbeitet werden.”

In Wuppertal verweist man im Gegenzug auf die „spezifische Bedeutung der Stadt” im Werk von Pina Bausch, die ihrer Bühne im Bergischen seit 1973 treu blieb und vom „schönsten Theater der Welt” schwärmte, trotz der Angebote aus bedeutenden Tanzmetropolen. Kulturdezernent Matthias Nocke will den Erben deshalb „attraktive Angebote machen”. Mit der Pina-Bausch-Stiftung gilt es nun zu verhandeln. Während das Tauziehen hinter den Kulissen weitergeht, bereitet man sich beim Wuppertaler Tanztheater auf die erste Saison ohne Pina vor. Am 10. September startet die Spielzeit mit „Café Müller” und „Frühlingsopfer”, zwei Bausch-Klassikern, seit langem restlos ausverkauft. Nachfolge-Fragen sind weiter ungeklärt.

Eine zweite Pina, das weiß hier jeder, kann es ohnehin nicht geben.

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