Düsseldorf. Düsseldorf ist die einzige deutsche Stadt, die die internationale Wechselausstellung „Sonic Youth etc.: Sensational Fix” zeigt. Dafür nutzt sie gleich zwei Museen. Im April gibt die amerikanische Band ein begleitendes Konzert.
Es ist ein merkwürdiges Gefühl, über einen Teppich aus Schallplatten zu laufen, wie es der Künstler Christian Marclay derzeit den Besuchern der Düsseldorfer Kunsthalle aufnötigt. Doch wenn der Musikliebhaber sich erstmal von der Sünde erholt hat, soeben ein Quantum Vinyl zertreten zu haben, dann realisiert er vielleicht: Diese Installation ist ein ziemlich gutes Symbol für die amerikanische Rockband Sonic Youth, um die es in der gleichnamigen Ausstellung mit dem Beititel „Sensational Fix” geht.
Musik mit anderen Kunstformen verbunden
Auf Schallplatten herumzutrampeln bedeutet auch, traditionelle Schemata des Musikgeschäfts mit Füßen zu treten. Über diesen Trümmerhaufen aus Fehlpressungen und Schundveröffentlichungen hinweg zu schreiten bedeutet auch, mit einer reflektierten Haltung und mit künstlerischem Anspruch an Musik heranzugehen.
Und wer diese Schritte nicht übers Herz bringt, der kann eben auch nicht das Video sehen, das einen Raum weiter hinter dem Schallplattenteppich wartet.
So ähnlich muss die Stimmung gewesen sein, als die frisch studierten Mitglieder von Sonic Youth Anfang der 80er Jahre in New York mit ungeheurer kreativer Energie und stetig inspiriert von ihrem wachsenden Freundeskreis aus Künstlern mit ihrem mittlerweile fast 30 Jahre alten Projekt begannen: Gitarre und Bass nicht wie die Beatles zu spielen, sondern wie Bildhauer und ihre Musik mit anderen Kunstformen zu kombinieren. So wurde zum Beispiel Gerhard Richters berühmtes Bild „Kerze (Candle)” 1988 zum Titelbild für das Album Daydream Nation, das Rückkopplungen genau so selbstverständlich einsetzt wie Akkorde. Richter und Marclay sind nur zwei von sicher über Hundert Künstlern, mit denen Sonic Youth bis heute in irgendeiner Weise verbandelt sind; Maler, Zeichner, Filmemacher, Dichter, Fotografen.
Zu groß für ein Museum
Die Ausstellung ist so umfangreich, dass sie parallel in zwei Düsseldorfer Museen stattfindet: in der Kunsthalle und in „Kunst im Tunnel”. Diese Zusammenarbeit ist eine Premiere und Düsseldorf die einzige deutsche Stadt, in der die internationale Wechselausstellung zu sehen ist.
Selbst eingefleischte Fans der Gruppe haben so bis zum 10. Mai die Gelegenheit, dort Neues über Sonic Youth zu erfahren, das Klangarchiv der Band zu durchstöbern und in den New Yorker Zeitgeist der 80er und 90er Jahre einzutauchen. Die Musiker haben „Sensational Fix” zusammen mit dem Niederländer Roland Groenenboom kuratiert, der bei der Besichtigung ganz angetan von der Gestaltung der Kunst im Tunnel war.
Karaoke andersrum
Dort gibt es das interaktivste Ausstellungsstück: In einem Pavillon läuft eine Gesangsspur von Sonic-Youth-Ikone Kim Gordon. Mit Anmeldung können die Besucher dazu auf Gitarre, Bass und Schlagzeug Musik einspielen – Karaoke andersherum. Wer es dezenter mag, kann sich stattdessen ganz in der Nähe auf eine über dem Boden schwebende Holzbank setzen und die dünnen Stahlseile, an der sie hängt, wie Gitarrensaiten zupfen.
Am 24. April machen die New Yorker dann selbst Musik in Düsseldorf. Dieses die Ausstellung begleitende Konzert im 3001 war allerdings schon vor der Eröffnung von „Sensational Fix” ausverkauft. Im Frühjahr soll auch das neue Album der Band erscheinen. Sicher kein Meilenstein mehr. Aber sicher mehr als Musik.
„Sonic Youth etc.: Sensational Fix” läuft noch bis zum 10. Mai. Damit ist die Ausstellungsdauer ungewöhnlich lang für die Düsseldorfer Kunsthalle. Das hat neben dem Stolz des Museums darauf, exklusiver Standort in Deutschland zu sein, auch einen praktischen Grund: Die Nacht der langen Museen am 9. Mai ist ein guter Schlusspunkt.
Fotostrecke: Sonic Youth etc.: Sensational Fix