Das Paar vom berühmten Cover der Woodstock-LP ist gefunden. Doch von der Decke fehlt jede Spur

Das Bild ging um die Welt. Wahrscheinlich weil kein anderes Foto den „Geist von Woodstock” besser einfängt. Zwei Blumenkinder in einer Decke, die sich zärtlich in den Armen halten. 40 Jahre später ist aus den berühmtesten Hippies der Musikgeschichte längst ein Ehepaar geworden, das man gut-bürgerlich nennen kann.

Natürlich hängt es in ihrem Haus in Pine Bush/New York, dieses Foto, das jeder kennt. In der Küche über dem Frühstückstisch haben Nicholas und Barbara Ercoline ein Plätzchen gefunden. Und wenn Barbara, die sie alle „Bobbi” nennen, es sich ansieht, kommt es ihr vor, als wäre es gestern gewesen. Dabei war es der 17. August 1969.

Zwei Tage zuvor hat sie wieder mal im „Dino's” rumgehangen. Weil ihr neuer Freund Nick in der New Yorker Kneipe arbeitet. Im Radio laufen Nachrichten. Von einem Festival namens „Woodstock” erzählt der Sprecher und warnt: „Nicht mehr kommen. Alles ist voll.” Von 500 000 Menschen ist die Rede und von 60 Kilometern Stau. Auch Regen wird angekündigt. Viel Regen. Egal. Ist ja nicht weit. „Da müssen wir hin”, sagt Bobbi.

Burk Uzzle ist schon da. Zusammen mit Frau und Kindern hat sich der Fotograf der Agentur Magnum früh am Morgen Richtung Festival auf den Weg gemacht. Um dabei zu sein, nicht um Fotos zu schießen. Seine Kameras nimmt er trotzdem mit.

Samstagmorgen kommen auch Nick und Bobbi an. Ein paar Freunde haben sie zusammengetrommelt und ein Auto organisiert. Im Gepäck nur das Wichtigste: „Bier und Wein.” Über Schleichwege gelangen sie bis auf ein paar Meilen ans Festivalgelände heran. Den Rest laufen sie. Unterwegs finden sie die berühmte Decke. „Da lag alles am Straßenrand, was den Menschen zu schwer geworden war.”

Auch 40 Jahre nach dem Sommer der Liebe, haben sie Augen füreinander.
Auch 40 Jahre nach dem Sommer der Liebe, haben sie Augen füreinander. © Times Herald-Record/MICHELE HASK

Es ist voll. Überall. Und längst hat der Dauerregen Felder und Wiesen in eine einzige Schlammlandschaft verwandelt. Die sanitären Verhältnisse sind katastrophal. Verpflegung gibt es kaum. „Aber alles blieb friedlich.”

Von der Musik bekommen Bobbi und Nick nicht viel mit. Weil sie es nicht bis in die Nähe der Bühne schaffen. Sie reden, träumen und spazieren stundenlang durch die umliegenden Wälder. Als am Sonntag der Tag anbricht, ist es kühl geworden. Nick legt die Decke um seine Freundin. Bobbi schmiegt sich an ihn. Um sie herum liegen Menschen in ihren Schlafsäcken, ein Schmetterlingsdrache schwebt in der Luft. Es ist der Moment, in dem Burk Uzzle zufällig vorbeikommt und auf den Auslöser seiner Leica drückt. „Wir haben nichts davon gemerkt.”

Monate später sitzt das junge Paar mit Freunden zusammen. Einer hat das neue Woodstock-Album mitgebracht. Nick schaut sich das Cover an, entdeckt den Schmetterlingsdrachen. Er sieht genauer hin. „Hey, das ist unsere Decke”, sagt er und stutzt. „Hey, das sind ja wir.” Seine Freundin ist wenig beeindruckt. Im Gegenteil. Nie hat die damals 19-Jährige ihrer Mutter erzählt, dass sie nach Woodstock gefahren ist. Jetzt ist sie aufgeflogen. Doch der Ärger bleibt aus.

Zwei Jahre später heiraten Nick und Bobbi. An Woodstock denken sie da nur noch selten. Die berühmte Decke liegt lange im VW der Familie. „Weil es da im Winter immer so kalt war.” Irgendwann ist sie verschwunden. „Ich weiß bis heute nicht, was damit passiert ist”, gibt Bobbi zu.

Erst zum 20-jährigen Jubiläum von Woodstock holt die Vergangenheit die Ercolines wieder ein. US-Zeitungen haben herausgefunden, wer das Paar auf dem LP-Cover ist und erwarten zwei Spät-Hippies. Doch damit können Nick und Bobbi nicht dienen. Viel kürzer trägt sie ihr Haar und hat die Janis Joplin-Brille längst eingetauscht. Und sein grauer Bart ist exakt gestutzt. Zwei Söhne haben sie bekommen und gehen geregelten Arbeiten nach – Krankenschwester und Inspektor des Landkreises.

An Woodstock denken sie dennoch gerne zurück. „Es war der Beginn einer wundervollen Zeit, die wir gemeinsam erlebt haben”, sagt Bobbi. Manchmal möchte sie die Zeit zurückdrehen. Weil die Welt sie ein wenig ängstigt – mit all den Wirtschaftkrisen und Terroranschlägen. Ganz anders als die Welt an jenem Morgen in Woodstock. „Das war”, schwärmt die 59-Jährige noch immer, „ein unglaublich friedlicher Augenblick.”