Berlin. Vor Somalia haben Piraten den deutschen Frachter "Hansa Stavanger" gekapert und die Besatzung als Geisel genommen. Weiter im Süden überfielen Seeräuber ein US-amerikanisches Schiff. Die Piraten fordern ein hohes Lösegeld für den Kapitän - der Kampf gegen die Piraterie wird immer schwieriger.

Schmallippig reagierten Sprecher der Bundeswehr und des Auswärtigen Amtes auf die zugespitzte Lage vor Ostafrika. "Der Krisenstab tagt", hieß es wie immer einsilbig bei Geiselnahmen deutscher Staatsbürger im Ausland. Zu angeblichem Kompetenzgerangel zwischen Bundeswehr und GSG9-Spezialkräften bei einem gescheiterten Befreiungsversuch - kein Kommentar. Auf keinen Fall sieht die Marine in den jüngsten Vorfällen einen Grund, ihren Einsatz am Horn von Afrika zu überdenken, Taktik und Mandat der zugespitzten Lage anzupassen. "Dafür gibt es keinen Grund. Alles läuft weiter wie bisher", antwortet ein Sprecher der Bundeswehr.

Mit neuen Taktiken und Methoden haben die Seeräuber im Indischen Ozean die internationale Schifffahrt jetzt aber noch mehr in Bedrängnis gebracht. Da der Golf von Aden durch die Patrouillen vieler Kriegsschiffe verhältnismäßig sicher geworden ist, haben die Piraten ihre Kaperungen in die noch ungeschützte Region bis zu den Seychellen südöstlich von Somalia vor die kenianische Küste erweitert.

Weit über 100 Millionen Euro Lösegeld erpresst

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Allein in dieser Woche haben die Piraten sechs Frachtschiffe überfallen. Die Seeräuber sollen nach Schätzungen von Experten 2008 bereits weit über hundert Millionen Euro an Lösegeld erpresst haben.

Das amerikanische Kommando für den Nahen und Mittleren Osten bestätigte, dass in den nächsten 48 Stunden noch mehr Kriegsschiffe in die von den Piraten gefährdeten Regionen geschickt werden sollen. Dabei soll auch ein Hubschrauberträger sein, um die Luftüberwachung der Gewässer zu verbessern.

Bislang keine gewaltsamen Befreiungsaktionen

Zum ersten Mal waren die Seeräuber am Mittwoch bei der Kaperung der unter der US-Flagge fahrenden "Maersk Alabama" mit Gewalt gegen amerikanische Seeleute vorgegangen und konnten sie überwältigen. Die Besatzung konnte sich nach einiger Zeit befreien und das Schiff wieder in Besitz nehmen. Den Piraten gelang es jedoch, Kapitän Richard Phillips zu entführen. Ein Fluchtversuch des Kapitäns scheiterte. Daraufhin umzingelte die US-Marine das Piratenboot. "Wir müssen gegen die Piraten in größerem Maß aus der Luft vorgehen", erläuterte der CIA-Agent der Nachrichtenagentur ddp. Die Hubschrauber können natürlich schneller als Schiffe bei einer drohenden Kaperung vor Ort sein. Sie haben Spezialkommandos an Bord, die die Seeräuber schnell dingfest machen können.

Von Piraten gekapert: der deutsche Frachter
Von Piraten gekapert: der deutsche Frachter "Hansa Stavanger". Foto: ddp © ddp | ddp





 Bisher schreckten die Amerikaner und auch die an der europäischen Anti-Piraterie-Mission "Atalanta" beteiligten Staaten vor gewaltsamen Befreiungsaktionen und "vorbeugenden" militärischen Maßnahmen gegen die Piraten zurück. Wie anders als bislang die Situation für die Seeräuber geworden ist, zeigten auch die Überlegungen der Bundesrepublik, ein Kommando der Antiterroreinheit GSG 9 zur Befreiung des am vergangenen Samstag 320 Seemeilen östlich von Mombasa gekaperten deutschen Frachters "Hansa Stavanger" einzusetzen. Das Befreiungsunternehmen musste abgeblasen werden, weil die Piraten das Containerschiff, auf dem sich auch fünf Deutsche befinden, schneller als erwartet zu ihrem Stützpunkt in der Bucht des somalischen Hafens Haradere gebracht hatten. Dort sitzen sie jetzt fest - und der Berliner Krisenstab des Auswärtigen Amtes muss sich wieder einmal mit Lösegeldforderungen von Seeräubern auseinandersetzen.


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