Essen. Nach der Trennung von Burkhard Drescher steht die Gagfah in der Kritik. Insider behaupten, die Modernisierung der Wohnungen werde auf Null gefahren. Das Wohnungsunternehmen bekommt die Auswirkungen der Finanzkrise mit aller Wucht zu spüren. Um den Renditehunger der Konzernmutter zu stillen, soll die Gagfah sparen.

Im Sommer 2007 versprühte Burkhard Drescher noch Optimismus. Die Gagfah, mit 176 000 Wohnungen größte börsennotierte Vermieterin in Deutschland, sei auf Wachstumskurs. „Die aktuellen Marktturbulenzen, die von der US-Immobilien und -Kreditkrise ausgehen, gefährden weder unser Geschäft noch unsere Wachstumspläne”, sagte der Chef damals.

Mittlerweile sieht die Lage anders aus. Drescher, der ehemalige Oberbürgermeister von Oberhausen und einstige SPD-Hoffnungsträger, verlässt die Gagfah im Streit. Der Wohnungsriese gehört mehrheitlich dem US-Finanzinvestor Fortress – einer der ganz großen US-Investmentgesellschaften. Auch in Spielcasinos oder Pferderennen hat Fortress schon Geld gesteckt.

Sein Wechsel zur Gagfah war eine Überraschung

Dass der Sozialdemokrat Drescher im August 2006 zum Fortress-Ableger Gagfah wechselte, war eine Überraschung. Schließlich wurden die so genannten „Heuschrecken” längst kritisch beäugt. Drescher warb um Vertrauen und versprach: „Bei Wohnungen, die ja ein intimer Lebensraum für Menschen sind, darf man die soziale Brille auf keinen Fall vergessen.”

Mittlerweile scheint sich die Lage dramatisch verändert zu haben. Das Wohnungsunternehmen bekommt die Auswirkungen der Finanzkrise mit aller Wucht zu spüren. Um den Renditehunger der US-Muttergesellschaft zu stillen, soll die Gagfah massiv bei der Modernisierung und Instandhaltung ihrer Wohnungen sparen, verlautete aus dem Umfeld des Unternehmens. Obwohl die Gagfah keine größeren Immobilienzukäufe plane, solle die Zahl der Wohnungsverkäufe weiter gesteigert werden. „Das kommt einem Aderlass gleich. Die Amerikaner wollen nun alles rausholen, was sich rausholen lässt”, kommentierte ein Insider. „Man spürt den Atem der Heuschrecken wirklich.”

Modernisierung "praktisch auf Null"

Die Modernisierung werde „praktisch auf Null gefahren”. Obwohl die Gagfah schon jetzt im Durchschnitt deutlich weniger in die Instandhaltung ihrer Immobilien stecke als die Konkurrenz, solle auch hier gekürzt werden.

Nach WAZ-Informationen aus Branchenkreisen investiert die Gagfah derzeit rund acht Euro pro Quadratmeter und Jahr in ihre Wohnungen, üblich sind zwölf Euro.

Durch Dreschers Abgang sei nun sogar „eine Verschärfung des Sparkurses mit Personalabbau und Desinvestition” zu erwarten, sagte Helmut Lierhaus der WAZ, Sprecher des Mieterforums Ruhr. Er betont, dass die Landesregierung für die Instandhaltung der LEG-Wohnungen ein Minimum von 12,50 Euro pro Jahr festgelegt hat. In Städten mit vielen Gagfah-Wohnungen wie Duisburg, Essen und Dortmund drohe eine Verschärfung der Probleme in vernachlässigten Stadtteilen.

Rentenlöcher gestopft

Nun sehen sich all jene bestätigt, die 2004 vor der Privatisierung der Gagfah gewarnt haben. Die Wohnungen gehörten bis dahin der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Die Rentenversicherung verkaufte ihre Immobilien, um die Schwankungsreserve aufzufüllen, die seinerzeit bedrohlich geschmolzen war. Am Ende würden die Mieter das Stopfen der Rentenlöcher bezahlen, warnte damals der Deutsche Mieterbund. Zahlreiche anonyme Beschwerden von WAZ-Lesern bestätigen das. Fünf Jahre später sagt Mietersprecher Lierhaus: „Die Gagfah hat seit 2004 von der Substanz gelebt, um hohe Ausschüttungen an die Aktionäre vornehmen zu können.”

Drescher verlässt das Unternehmen offenbar auch deshalb, weil er sich mit dem drastischen Sparkurs der US-Finanzinvestoren nicht abfinden wollte. Auf Anfrage wollte sich Drescher nicht zu diesem Thema äußern. Auch eine Unternehmenssprecherin lehnte jeden Kommentar ab.

Dreschers Vertrag bei der Gagfah läuft bis zum 1. August. Noch ist nicht bekannt, was der Manager, dessen Name eng verbunden ist mit der „Neue Mitte Oberhausen”, machen wird. In der Essener Gagfah-Zentrale haben die Fortress-Leute das Kommando übernommen. Drescher räumt mit Vertragsablauf seinen Posten und wird durch den früheren Fortress-Manager William Brennan ersetzt.

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