Nordrhein-Westfalen sieht Schulschwänzen meist nur als Ordnungswidrigkeit. Ministerium reichen die Maßnahmen aus.
Essen. Sanktion oder Prävention? Strafen oder vorbeugen? Heiß umstritten werden die Maßnahmen im politischen Raum diskutiert, mit denen Schulschwänzer wieder auf die Schulbank gedrückt werden können. Im Essener Fall der Schulverweigerer hatte Amtsrichter Stefan Groß am Dienstag von einem rechtlichen Defizit in Nordrhein-Westfalen gesprochen. Denn auch im neuen Schulgesetz, das 2006 geändert wurde, gilt das Schulschwänzen weiterhin nur als Ordnungswidrigkeit.
Die Behörden reagieren also mit Bußgeldern auf hartnäckiges Fernbleiben vom Unterricht. In Bundesländern wie Hessen oder Hamburg können Strafgerichte schneller aufs Schulschwänzen reagieren, weil es als Straftat gilt. In NRW muss dagegen „eine Gefährdung der persönlichen und psychischen Entwicklung des Kindes” vorliegen, damit aus der Ordnungswidrigkeit ein Strafverfahren wird. Auch Richter Groß gestand in seinen Bemerkungen zu, dass es nicht Aufgabe der Strafjustiz sei, „mit allen Mitteln” gegen Schulverweigerer vorzugehen.
Dass die Eltern der beiden Mädchen aber erst dem Druck des Haftbefehls nachgaben und plötzlich mit der Schule zusammenarbeiten, belegte für ihn offenbar den Erfolg des Strafrechts. Weil aber erst die Gefährdung des Schülers vorliegen müsse, komme „das Schwert der Justiz” erst dann zum Einsatz, „wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist”. Im Düsseldorfer Schulministerium sieht man zur Zeit keinen Handlungsbedarf. Wichtig sei, dass die Schulbehörde vor Ort ein abgestuftes Instrumentarium zur Verfügung hätte. Zunächst müsse auch die Ursache des Schulschwänzens erforscht werden. Strafen führen nicht weiter, meint Ministeriumssprecher Andrej Priboscheck: „Was nutzt das, wenn Eltern ihrer Kinder nicht Herr werden?”
Auch auf aktive Verweigerung durch die Eltern könne schnell reagiert werden, verweist er auf das Problem mit religiös motivierten Eltern in Paderborn. Und die Änderung des Schulgesetzes habe 2006 dazu geführt, dass Bußgelder jetzt auch schon gegen 14-Jährige Schüler verhängt werden können, nicht erst ab 16. Den Essener Fall sieht das Ministerium bislang als extremen Einzelfall. Falls derartige Fälle zunähmen, könne natürlich überlegt werden, ob die Gesetzeslage geändert werden müsse. Das müsse man abwarten, meint Priboscheck.