Essen. Porsche-Betriebsrat Uwe Hück kämpft den letzten Kampf von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Kämpfen kann er wirklich.

Essen. Uwe Hück trägt viele Markenzeichen, das bezeichnendste unter der Haut. Und die geschwollene Halsschlagader befindet sich inzwischen im Dauereinsatz, seitdem der epochale Übernahmestreit mit Volkswagen seinem finalen Höhepunkt zustrebt. Der ausgewiesen linke Porsche-Betriebsratsvorsitzende droht, für seinen hundert Millionen Euro schweren Boss Wendelin Wiedeking auf die Barrikaden zu gehen.

Und das ist wörtlich zu nehmen. Hück ist kein Salon-Sozialist, sondern ein Arbeiterführer mit Türsteher-Attitüde. Wenn er mit seiner lauten, leicht reizbaren und dann ansatzweise ins Hysterische kippenden Stimme zur Betriebsbesetzung aufruft, dann werden zwei Drittel der 11 000 Porschianer ihm folgen.

Einigen sich Porsches Eigner-Familien auf einen Abgang Wiedekings, dann wird dies auch der letzte Kampf von Hück sein. Zusammen stiegen sie bei Porsche auf, als der Sportwagenbauer 1992 eigentlich pleite war. Nach der schnellen Restrukturierung schütteten beide immer hohe jährliche Gewinnbeteiligungen an die Bandarbeiter aus, zuletzt ganze Monatsgehälter.

Uwe Hück ist wirklich gefährlich. Nicht, weil er als Thaiboxprofi weiß, wie man richtig zuschlägt. Sondern weil er ein Kämpfer ist, der in sich ruht und von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt ist, dazu ist er ein mitreißender Rhetoriker. „Hättest Du noch zehn Minuten länger geredet, hätten sie Dich zum Parteivorsitzenden gewählt”, sagte Franz Müntefering 2005 nach Hücks Rede auf dem SPD-Parteitag. Zur SPD gekommen ist Hück schon als Zwanzigjähriger. Nicht wegen Willy Brandt oder Helmut Schmidt, sondern wegen Herbert Wehner, dem alten Karrenschieber der Partei.

Ein echter „Frog”

„Durchgeboxt” ist das unvermeidliche Stichwort für den Lebensweg des 47-Jährigen. Geboren in Stuttgart, aufgewachsen als Vollwaise im Kinderheim, wo die anderen immer größer und stärker waren. Mit 15 erzwingt er die Freiheit, denn er hat sich eine Lehrstelle als Autolackierer selber organisiert.

Hück entwickelt sich zu einem respektierten Kampfsportler. Thai- oder Kick-Boxen ist ein harter Sport für harte Jungs, und Hück ist einer. Mit Schlagen und Treten war selbst als Europameister nicht das große Geld zu verdienen, denn sein Manager übervorteilt ihn böse. Da erschien es ihm 1985 sicherer, in Zuffenhausen 911er zu lackieren, als die Nase gebrochen zu bekommen.

Mehr als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender kann man als Betriebsrat in einem Unternehmen nicht werden. Als Gewerkschaftsfunktionär oder Politiker wäre anderenorts noch mehr möglich. Hück, der Duzfreund von Wendelin, zählt zu den Frogs, den „Friends of Gerd”. Kanzler Gerhard Schröder und seine Reformpolitik unterstützt der 1,86 Meter große 100-Kilo-Mann vehement. Beide sind sie vaterlose Aufsteiger.

Der schmale, buchhalterische IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Peters ist Hücks Gegenpol. Man kann sich nicht leiden. Affären von Gewerkschaftern wie die Hurereien der Volkerts bei VW sind ihm ein ekelhaftes Gräuel. „Da könnte ich meiner Frau nicht mehr unter die Augen treten!” Seine Frau kam als Bootsflüchtling aus Vietnam, zusammen haben sie drei Kinder.

Hück, immer noch kämpferischer Präsident des FSV Buckenberg, redet sich schnell in Rage, aber man darf sich nicht täuschen. Der Buddhist, der oft einen dicken Buddha an einer ebenso dicken Kette um den muskulösen Hals trägt, ruht in sich. „Und wenn sie mich erschießen wollen, dann sollen sie es machen. Damit habe ich kein Problem, aber ich will einen ehrenhaften Tod,” gab er einer sichtlich beeindruckten Marietta Slomka vom ZDF unlängst zu TV-Protokoll, und: „Ich bin ein Kämpfertyp. Fragen Sie meine Frau: Ich bin immer so, auch unter der Dusche.”

Wenn also auf der Autobahn ein Porsche Cayenne im Rückspiegel erscheint, am Steuer ein glatzköpfiger Athlet mit randloser Brille, dreiteiligem dunklen Anzug und pulsierender Halsschlagader unter dem offenem Hemdkragen: Gehen Sie lieber rechts rüber, besonders, wenn Sie einen VW fahren.