Braucht der Euro-Raum wirklich Euro-Bonds? Diese Frage geistert seit Wochen durch die Medien und fehlt in kaum einem Beitrag über die in einigen Mitgliedsländern des gemeinsamen Währungsraums herrschende Schuldenkrise.

Die Idee dahinter klingt zunächst verlockend: Statt wie bisher eigene Staatsanleihen würden die 17 Euro-Länder gemeinsame Schuldverschreibungen ausgeben, die sogenannten Euro-Bonds. Derzeit „schwache“ Länder wie Griechenland, Portugal oder Irland würden auf diese Weise zu günstigeren Zinsen an Geld kommen. Sie würden davon profitieren, dass hinter den Euro-Bonds auch Staaten mit guter Zahlungsfähigkeit stünden und der Zinssatz entsprechend günstiger ausfiele.

Christoph M. Schmidt ist Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Foto: ddp
Christoph M. Schmidt ist Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Foto: ddp © ddp

Doch wie so oft ist auch hier leider „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut gemacht“. Denn es spricht viel gegen diese Art gemeinschaftlicher Schuldenfinanzierung. Zum einen müsste Deutschland voraussichtlich viele zusätzliche Milliarden Euro für höhere Zinskosten aufwenden. Dabei hatte es sich im vergangenen Jahrzehnt sehr schmerzhafte Reformen auferlegt und so seine Kreditwürdigkeit noch weiter erhöht. Mehrkosten würden nun dadurch entstehen, dass die hierzulande sehr niedrigen Zinsen für neue Kredite an höhere Zinsen für gemeinsame Europa-Anleihen angeglichen würden.

Die disziplinierende Wirkung fällt weg

Kosten sind jedoch nicht das Hauptproblem. Da von einem stabilen Euro-Raum alle Mitgliedstaaten profitieren, könnte Deutschland die Anstrengung durchaus leisten, wenn damit der Stabilität der Gemeinschaft gedient wäre. Dem ist aber nicht so.

Denn viel schwerer wiegt, dass durch die Euro-Bonds die disziplinierende Wirkung der Finanzmärkte wegfallen würde. Werden bisher gut wirtschaftende Länder durch niedrige Zinsen für ihre Kredite „belohnt“ und schlechter wirtschaftende Länder „bestraft“, gäbe es dann keinen solchen Anreiz mehr. Ohne diese Kräfte wäre die Politik in den hoch verschuldeten Ländern wohl nicht bereit, ernsthafte Schritte in Richtung einer Konsolidierung zu unternehmen. Die Zeche in Form steigender Zinsen würden dann alle Teilnehmer der Euro-Bonds zahlen. Da verwundert es nicht, dass vor allem Krisenstaaten große Befürworter der gemeinsamen Schuldverschreibungen sind.

Bundesregierung muss dem Werben für Euro-Bonds widerstehen

Zwar sagen Befürworter von Euro-Bonds, dass diese mit Auflagen oder Begrenzungen verbunden sein sollten. Aber wie glaubwürdig ist das? Grenzen für Staatsschulden gab es auch bei der Einführung des Euro, und man sieht, was daraus geworden ist. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Bundesregierung auch künftig dem Werben um gemeinsame Schuldverschreibungen widerstehen wird.

Stattdessen sollten in allen Mitgliedsländern des Euro-Raums Schuldenbremsen in den nationalen Verfassungen verankert werden, um die Staatsverschuldung wirksam zu begrenzen. Auf diese Weise könnte verlorenes Vertrauen der Akteure an den Finanzmärkten nachhaltiger zurückgewonnen werden als mit Euro-Bonds.