„In der DDR wartete man bekanntlich 10, 12 und mehr Jahre auf die Zuteilung eines bestellten PKW. Um die Wartejahre zu umgehen, bekam ich von Duisburger Verwandten 1982 über den GENEX-Geschenkedienst einen neuen Lada 21013 geschenkt. GENEX war eine DDR-Handelsfirma, die Konsumgüter aus DDR-Produktion gegen ,harte’ Währung und Sofortlieferung verkaufte. Wie schon der Erste erledigte auch der Westimport seine Arbeit in robuster Manier.

1984 wurde erstmals wieder seit dem Mauerbau 1961 den seit einigen Jahren immer mehr werdenden Ausreisegesuchen in die BRD in großer Zahl stattgegeben. Wir bekamen nach einjähriger Wartezeit für den 3. Juli 1985 die Genehmigung zur Ausreise.

Nachdem die nicht leichte Abschiedstour bei Verwandten und Freunden beendet war, beluden wir unseren treuen Lada bis übers Dach. Los ging es am 3. Juli in Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz), und das große flaue Gefühl kam beim Passieren des Schildes: ,Letzte Ausfahrt in der DDR.’

Natürlich wurden wir aus der Abfertigungsspur gewunken, es gab ja allerhand zu kontrollieren. Ein jüngerer Zollbeamter teilte mit, dass das Meerschwein nicht mit kann. ,Wieso? Das Tierärztliche Zeugnis ist okay . . .’ – ,Ja, aber sie hätten noch eine Ausfuhrgenehmigung wie für das Auto besorgen müssen.’ Und nach einer bedeutungsschweren Pause gab er der Ausnahme statt. War ihnen wohl doch zu peinlich, wenn wir das Tier vor vielen zuscheuenden Westbürgern hätten aussetzen müssen.

Natürlich war der fahrbare Untersatz eine wertvolle Hilfe beim Neustart, wenngleich er anfing zu muckern. Manch andere kleinere Reparatur beseitigten kundige Nachbarn. Aber an einem Montag im Juli 1987 war es wieder einmal soweit und ich hatte die Faxen dicke und ging auf Einkaufstour.

Der Abschied vom treuen Weggefährten Lada wurde durch die Inzahlungnahme mit großzügigen 1000 DM vom Autohändler gemildert. Nach der letzten Fahrt am Abschlepphaken stand er noch ein Jahr auf dem Werkstattgelände, trotz neuer Winterräder fand sich kein Interessent.“