Berufs- und Spartengewerkschaften wie die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL), die Pilotenvereinigung Cockpit oder der Marburger Bund erregen Aufmerksamkeit. Das Bundesarbeitsgericht hat die separate Interessenvertretung 2010 für rechtmäßig erklärt und das Prinzip „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ abgeschafft. Gerade diskutiert die Bundesregierung über eine Wiederherstellung der Tarifeinheit.
Spartengewerkschaften sind kein neues Phänomen, so wurde die GDL bereits 1867 gegründet. Relativ neu ist aber die Konkurrenz zwischen DGB-Gewerkschaften und diesen Berufsverbänden. Dies hat zu einer intensiven Diskussion über die Konsequenzen der neuen Wettbewerbssituation geführt, wobei der DGB und die Arbeitgeberverbände interessanterweise einmal dieselbe Position vertreten.
In der Regel repräsentieren Spartengewerkschaften wichtige Berufsgruppen, die nicht ersetzt werden können. Somit ist es den Arbeitgebern nicht möglich, die Arbeitnehmervertretungen gegeneinander ausspielen. Das Problem bei mehreren Spartengewerk-schaften ist es, dass jedes Vertretungsorgan nur die Interessen der eigenen Mitglieder im Auge hat und die Konsequenzen seiner Handlungen für andere Beschäftigte nicht be-rücksichtigt.
Unfrieden in der Belegschaft
Jede Lohnerhöhung ist zunächst einmal eine Kostenerhöhung. Bei einer einheitlichen Vertretung gehen die Interessen aller ein, während das simultane Verhandeln für einzelne Gruppen das Gesamtergebnis verschlechtert. Noch problematischer sieht es für die außenstehenden Arbeitssuchenden aus. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Spartenvertretungen deren Anliegen aufnehmen.
Die Durchsetzung von Lohnforderungen erfolgt häufig über Streiks. Wenn nun jede Spartengewerkschaft für die Durchsetzung ihrer Forderungen zu Arbeitskampfmaßnahmen aufruft, addieren sich die Arbeitsausfälle und der gesellschaftliche Schaden würde sich im Extremfall vervielfachen. Unterschiedlich stark ausfallende Lohnerhöhungen können zu Unfrieden in der Belegschaft führen.
Während in anderen Bereichen Wettbewerb sinnvoll ist und der Gesellschaft nützt, geht es hier um die Existenz von mehreren Arbeitnehmermonopolen nebeneinander, da jede Spartengewerkschaft das Angebot ihrer Berufsgruppe monopolisiert und Wettbewerb ausschließt. Ein Monopol an sich ist schon schlecht, aber wie man aus der Wettbewerbstheorie weiß, ist die Monopolisierung des Angebots mehrerer unverzichtbarer Inputs noch schlechter. Eine Beschränkung des Einflusses der Spartengewerkschaften wäre deshalb durchaus sinnvoll.