Brüssel. Eigentlich hatten die Nato-Militärplaner das am Mittwoch begonnene Manöver in Georgien als harmlose Routine-Übung eingestuft. Eine Rechnung, die allerdings nicht aufgeht. Der Kreml fühlt sich durch die Übung auf seinem alten Hinterhof provoziert und poltert drauf los.

Eigentlich standen die Zeichen zwischen Brüssel und Moskau nach den Verwerfungen des Georgien-Krieges im August 2008 längst wieder auf Normalisierung. Doch wie aus heiterem Himmel zieht plötzlich wieder ein schwerer Sturm auf, begleitet von altbekannten Nickeligkeiten und Provokationen. Hüben und drüben weisen sie Botschaftspersonal aus. Hinzu kommt eine vereitelte Meuterei des georgischen Militärs, hinter der die Regierung in Tiflis russische Drahtzieher vermutet.

Nato: Moskau war informiert

Eine Dramatisierung, die die Chefplaner im Brüsseler Hauptquartier gar nicht in Betracht gezogen hatten. Die Kaukasus-Übung, so ihr Kalkül, sei lediglich eine von über tausend - entnommen dem telefonbuchdicken Programm „Partnerschaft-für-Frieden“.

Weil Moskau außerdem schon vor zwei Jahren eingeweiht und sogar eingeladen wurde, versteht man die Aufregung des Kreml noch weniger. „Diese Übung hat nichts mit Georgien zu tun und auch nichts mit Russland“, stellt Nato-Sprecherin Romero klar.

"Friedenserhaltende Maßnahmen" trainieren

Ob die Moskauer Aufregung nun echt ist oder gekünstelt: Fest steht, dass Außenminister Sergej Lawrow seine Teilnahme für den Nato-Russland-Rat am 19. Mai pikiert zurückgezogen hat. Auch der russische Nato-Botschafter Dmitrij Rogosin feuert verbale Breitseiten ab. Er habe den Eindruck, dass „die Allianz nicht zu einer Erneuerung des politischen Dialogs mit Moskau bereit ist“.

Etwa 800 Soldaten aus zwölf Nato-Staaten sowie einigen „Partnerländern“ werden bis Anfang Juni an der Übung in Georgien teilnehmen. Ausdrücklich weist die Nato darauf hin, dass es sich keineswegs um ein martialisches Spektakel mit einem gigantischen Aufmarsch handelt. Es gehe nur darum, „friedenserhaltende Maßnahmen“ zu trainieren. Schauplatz ist einer alter russischer Luftwaffenstützpunkt nahe Tiflis.

Bei einigen Nato-Partnern zeigt das russische Grollen bereits Wirkung: Armenien, Serbien, Moldawien und vor allem Kasachstan, das ein recht großes Kontingent in den Kaukasus verlegen wollte, haben ihre Teilnahme abgesagt.

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