Duisburg. Diese Vögel sind in den Naherholungsgebieten am Niederrhein zur gefährlichen Plage geworden, sagt die Stadt. Und besorgte sich eine Sondergenehmigung, um sie auch in der Schonzeit schießen zu dürfen.

Der Ärger schaukelt sich seit Monaten hoch, die Ursache ist eher niederer Natur. Eigentlich dreht sich alles um ein paar unverdaute Grasreste. Daraus besteht der Kot von Kanadagänsen zu 95 Prozent. Und der ist in Duisburg und anderen niederrheinischen Kommunen zum Problem geworden. Früher kamen die Touristen in Scharen, um die Gänse zu bestaunen. Inzwischen hat die Stadt Duisburg eine Sondergenehmigung eingeholt, um die Vögel trotz Schonzeit jagen zu dürfen.

Von bis zu 2000 Kanadagänsen spricht die Stadt, Vogelkundler Dietmar Beckmann schätzt ihre Zahl auf "höchstens 1000". Fest steht: Der Bestand der Kanadagänse hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Weil Duisburgs Fläche zu zehn Prozent aus hochwertigen Gewässern besteht, nutzen die Vögel Naherholungsziele wie Toeppersee, Regattabahn und Sechs-Seen-Platte als Lebensraum.

Von Erholung konnte für die Duisburger nun keine Rede mehr sein. Vereine rund um die betroffenen Gebiete entsorgten im Frühsommer karrenweise den Gänsekot. Ab Ende März brüten die Vögel, vier Wochen später schlüpfen die Jungtiere, neun Wochen darauf sind die Gössel flügge. Solange ist die Gänsefamilie an den Brutplatz gebunden. Zeitgleich durchlaufen die Elterntiere ihre Mauser. "Im Frühsommer war es am schlimmsten, da haben die Gänse die ganze Wiese abgefressen und alles vollgekotet", erzählt Heinz-Dieter Gleißner vom Trägerverein Wedau, dessen Gelände am Barbarasee liegt. Ein paar hundert Meter weiter hat sich Platzwart Dirk Albers (Freie Schwimmer) zum Gänseabwehr-Experten entwickelt. "Ich komme jeden Morgen um halb sechs und verscheuche die Gänse. Ein Jahr habe ich gebraucht, bis ich die im Griff hatte."

Ein Wasserspielplatz in Wedau wurde wegen der stark verkoteten Wiesenflächen zeitweilig sogar gesperrt. Die Gänse ließen sich hier selbst durch tobende Kinder nicht aus der Ruhe bringen. Nach zahlreichen Beschwerden holte sich die Stadt bei der Oberen Jagdbehörde die Jagderlaubnis. Eltern sorgten sich vor allem wegen möglicher Krankheitserreger, die sich ihre Kinder durch den Kontakt mit dem Kot einfangen könnten.

In der Nachbarstadt Düsseldorf klagten Badegäste über Pusteln und Juckreiz, den der Gänsekot verursache. "Blanker Unsinn" in den Augen des Gänseexperten Beckmann: "Der Kot der Gänse besteht zu 95 Prozent aus unverdauten Grasresten, riecht wie Gras, sieht so aus und schmeckt angeblich auch so." Ausschlag könne höchstens vom Kot der Stockenten herrühren. Trotzdem sind in Duisburg bislang 23 Kanadagänse geschossen worden, berichtet Revierförster und Jäger Axel Freude.

Umweltdezernent Dr. Peter Greulich betont, man wolle kein Gemetzel anrichten, aber "es wird gejagt, wenn es nötig ist." Nach Meinung der Naturschützer eine überflüssige Maßnahme: "Tote Tiere bringen gar nix", empört sich Johannes Meßer vom Bund für Umwelt- und Naturschutz. Vogelfreund Beckmann warnt sogar: "Wir schießen die sozialen Beziehungen der Tiere auseinander." Gänse leben im Kollektiv und spezialisieren sich in der Gruppe auf unterschiedliche Aufgaben, zum Beispiel Jungtier-Aufzucht.

Mit dem verregneten Sommer hat sich das Kotproblem in diesem Jahr ohnehin so gut wie erledigt. Auf den Freibadliegewiesen stören die Gänse zurzeit niemanden. Allerdings hat sich auch das Federvieh zurückgezogen, die Jungtiere sind flügge und erweitern ihren Radius. Am Wasserspielplatz und rund um die Sechs-Seen-Platte ist kein Geschnatter zu hören, höchstens ein paar Enten tuckern übers Wasser. Dennoch wird das Problem auch 2009 die Duisburger beschäftigen: "Gänse brüten jahrelang an den selben Stellen", weiß Beckmann.

Pünktlich zur nächsten Brutzeit plant die Stadt deshalb eine Reihe von Maßnahmen, um der Gänse Herr zu werden. Eine erste Vorlage wurde in der letzten Woche jedoch wieder zurückgezogen. Die Vorschläge, etwa die Eier zu stibitzen oder der gezielte Abschuss von Jungvögeln, waren bei Naturschützern, aber auch bei Jägern auf Ablehnung gestoßen. Stadt und Verbände wollen jetzt gemeinsam eine Lösung für das Gänseproblem finden.

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