Klavierfestival: Herbert Schuch spielt in Düsseldorf Edvard Grieg und stürmt damit auf die Spitzenriege der Pianisten zu

Düsseldorf. Sibelius zu mögen oder nicht, das war lange eine Bekenntnisfrage. Die Gegner des Finnen führten formale Schwächen in seinen Symphonien ins Feld. Seine Tondichtungen wie die „Finnlandia“ wurden als „Nationalmusik“ abgestempelt, geeignet für wallende finnische Sentimentalität, aber im europäischen Kontext vernachlässigbar. Solche Urteile haben sich gründlich gewandelt, seit sich namhafte Dirigenten der Musik Sibelius' annehmen. Dennoch: Seine Erste Symphonie, mit der das glänzend aufgelegte WDR-Sinfonieorchester in Düsseldorf ein Tonhallen-Konzert im Rahmen des Klavier-Festivals Ruhr krönte, ist nicht häufig zu hören.

Das Programm war skandinavisch. Sibelius und der Däne Nils Wilhelm Gade rahmten das Klavierkonzert von Edvard Grieg. Herbert Schuch, der auf die Spitzenriege der Welt-Pianisten zustürmt, pflegt im Lyrischen eine erlesene Kunst des Abstufens. Seine Läufe schmeicheln, die sanglichen Phrasen entwickelt er berückend schön. Doch Schuch ist nicht der Zelebrant delikater Innerlichkeit. Er kann zupacken, am eindrücklichsten zu hören im Finalsatz. Im ersten Satz steigert er zwar mit kernigem, klarem Ton, doch Akzente könnte er nachdrücklicher setzen. Der 30-Jährige aus Siebenbürgen hat bewiesen, dass sein Erfolg im Eröffnungskonzert des Klavier-Festivals vor zwei Jahren keine Eintagsfliege war. Seine Entwicklung lässt auf spannende Ergebnisse hoffen.

Nun ist Griegs Klavierkonzert nicht nur eine Sache des Solisten: Schuch hatte das Glück, mit dem WDR-Orchester einen starken Partner zu haben. Seine Impulse kamen bei ihm an; er holte sich Tempi, Farben und dynamische Reize aus dem Orchester.

Die Nahtstelle war der Dirigent Eivind Gullberg Jensen: Vorbildlich führte er Solist und Ensemble zu einer Einheit zusammen. Für Sibelius war er ein engagierter Anwalt, der freilich die stürmischen Ausbrüche auf Orkanstärke anschwellen ließ.