Essen. Die Karstadt-Mutter Arcandor schickt 15 weitere Tochterfirmen in die Insolvenz. In den betroffenen Gesellschaften – unter anderem Foto-Quelle – arbeiteten 6700 Menschen, teilte der Essener Reise- und Handelskonzern gestern mit.

Damit steigt die Zahl der Mitarbeiter, die von Insolvenzanmeldungen betroffen sind, auf etwa 50 000.

Der angestrebte Schutz vor Gläubigern sei „einerseits wirtschaftlich geboten, andererseits strategisch sinnvoll”: Betroffen seien vor allem Tochterfirmen, die fast nur für die Arcandor-Unternehmen arbeiteten, die vorige Woche Insolvenz anmeldeten. „Ausdrücklich nicht” von der Insolvenz betroffen blieben die Reise-Tochter Thomas Cook, der TV-Verkaufsender HSE24 und Spezialversandhändler.

Sorge bereitet den Essenern ihr Versandhändler Quelle, der schon Gläubigerschutz beantragt hat. Hier drohten die Geldflüsse zu versiegen, falls die Essener Valovis Bank, die für Quelle Geld eintreibe und weiterleite, keine Bürgschaft über 50 Millionen Euro erhalte, erfuhr diese Zeitung aus dem Unternehmensumfeld. „Noch niemand hat durchgeplant, wie man das auffangen könnte.” Die Bürgschaft könne vom Staat oder von Banken kommen. Arcandors vorläufiger Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg habe deswegen bereits in Berlin und München vorgefühlt. Ein Arcandor-Sprecher äußerte sich nicht näher dazu. „Wir suchen für Quelle intensiv nach einer Lösung”, sagte er lediglich.

Beim langjährigen Konzern-Sorgenkind Karstadt, das auch Insolvenz beantragt hat, laufe das Geschäft „nahezu normal”, sagte ein Sprecher von Görg. „Die Warenhaus-Filialen sind gut besucht. Jeden Tag kommt genug Geld rein. Karstadt braucht keinen Massekredit.” Mit diesem Kredit kann ein Insolvenzverwalter Geschäfte am Laufen halten.

Einen Überblick über die Lage gibt Insolvenzverwalter Görg diesen Donnerstag, rund eine Woche nach Arcandors Insolvenzantrag. Der Konzern strich die für diesen Tag angekündigte Vorlage der Halbjahres-Zahlen – zum dritten Mal. Einen neuen Termin nannten die Essener nicht. Aktionärsschützer übten Kritik. „Das finde ich absolut misslich”, sagte Jürgen Erdmann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). „Alle warten darauf, dass die Tatsachen auf den Tisch kommen.” Er fürchte, dass Arcandors Zahlen „echt schlecht” seien.

Indes zieht sich Arcandor-Großaktionär Sal. Oppenheim aus dem taumelnden Unternehmen teils zurück. Die Kölner Privatbank verkaufte ihren Anteil von 3,7 Prozent. Über eine Industrieholding hält Sal. Oppenheim aber noch 24,9 Prozent. Was damit passiere, werde entschieden, sobald der Insolvenzverwalter sein Konzept vorgelegt habe, sagte ein Sprecher. Die Bank und die zweite Großaktionärin, Oppenheim-Kundin Ma- deleine Schickendanz, waren jüngst in die Kritik geraten. Politiker monierten, sie seien nicht bereit, Arcandor finanziell ausreichend zu helfen.