Ein Gelsenkirchener Elektriker verklagt seinen Arbeitgeber, weil ein Arbeitsgericht festgestellt hat, dass die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig und die in der Zeitarbeit ausgehandelten Tarifverträge ungültig seien.

Obwohl das Urteil des Arbeitsgerichtes Berlin aus Ende April noch nicht rechtskräftig ist, zeigt es somit erste Wirkung. Die Job Mobile-Dienstleistungen in Essen soll nun den Gelsenkirchener Elektriker rückwirkend für die gesamte Dauer seiner Beschäftigung regulär bezahlen. Sollten dem Mann weitere Leiharbeitnehmer folgen, könnten auf die „Verleiher" Nachzahlungen in Millionenhöhe zukommen.

Die CGZP gehören die Christliche Gewerkschaft Metall, die Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation und die DHV an. Die Tarifgemeinschaft habe keine Durchsetzungskraft, die ein Tarifakteur in Verhandlungen benötige, hatten die Richter ihr Urteil begründet und führte als Beleg die Mitgliederzahl und Organisationsstruktur an.

Die CGZP wird verdächtigt, Gefälligkeitstarifverträge für Arbeitgeber abzuschließen. Laut Gesetz müssen Leiharbeitnehmer zwar den gleichen Lohn bekommen wie vergleichbare Mitarbeiter des Betriebes, in dem sie eingesetzt werden. Allerdings ist ein abweichender Lohn möglich, wenn er sich auf einen Tarifvertrag stützt. Und diese sind unter Mitwirkung der CGZP zustande gekommen.

Das erklärt unter anderem Arbeitsrechtler Prof. Peter Schüren aus Münster: „Das sind Gewerkschaften, die im Sinne der Arbeitgeber Tarifverträge unterzeichnen." Die Tarifgemeinschaft habe lediglich eine Handvoll Mitglieder, Mitgliederversammlungen fänden alle fünf Jahre statt. Schüren geht davon aus, dass auch das Landesarbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht das Urteil aus 1. Instanz bestätigen werden. „Dann müsste nicht nur regulärer Lohn gezahlt werden. Sondern auch die daraus entstehenden Ansprüche an die Sozialversicherungsträger. Da kommen wir auf Milliardenbeträge."

Während für die meisten Zeitarbeitsfirmen sieben Euro Minimum die Stunde gelte, gingen die Löhne dort, wo die CGZP im Spiel sei, in die Knie. „In Wuppertal bin ich auf Löhne von 4,80 Euro gestoßen. Hier gab's einen Haustarifvertrag. Unterzeichnet von der CGZP", sagt Schüren. Er berichtet von Klauseln, die besagten, in Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit könne die Vergütung noch weiter – also unter 4,80 Euro – abgesenkt werden. „Das Ruhrgebiet ist da genau richtig", sagt der Arbeitsrechtler.

Der Christliche Gewerkschaftsbund antwortet stellvertretend für seine 16 Mitgliedergewerkschaften: „Tarifverträge von uns sind keine Gefälligkeiten", die 16 Mitgliedergewerkschaften zählten 280 000 Mitglieder. Bezüglich der tatsächlich in die Kritik geratenen CGZP heißt es: „Selbst wenn das Bundesarbeitsgericht entscheiden würde, dass die CGZP nicht tariffähig sei, müsste sehr genau auf die Begründung geschaut werden."

Der Gelsenkirchener Elektriker, der nun vor dem Essener Arbeitsgericht gleichen Lohn für gleiche Arbeit einklagt, ist seit Juli vergangenen Jahres Leiharbeiter. Er verdient rund vier Euro in der Stunde weniger als sein regulär beschäftigter Kollege. Also statt 14,49 Euro brutto bekommt er 10,83 Euro. Genau das will er nicht länger hinnehmen und pocht auf 6650,81 Euro rückwirkend.

Es ist ihm kein Trost, dass er mit seinem Stundenlohn zu den gut bezahlten Zeitarbeitnehmern gehört. „Ich bin Facharbeiter und leiste gute Arbeit. Ich hänge mich richtig rein", sagt der 30-Jährige. Hofft er doch, übernommen zu werden von jenem Betrieb, in dem er als Ausgeliehener arbeitet. Diese Hoffnung motiviert ihn. Er zeigt täglich, was er drauf hat. Obwohl ihm das manchmal schwer fällt. „Als Zeitarbeiter bist du der ,Hiwi'. Du wirst nicht eingeladen zu Betriebsfesten. Du fühlst dich schlecht", sagt er. Vor Gericht lässt er sich vom Deutschen Gewerkschaftsbund vertreten. IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Alfons Rüther kritisiert das System: Die Beschäftigen in Deutschland teilten sich in zwei Klassen auf. Auf der einen Seite seien die regulär Beschäftigten mit tarifgebundenen Gehältern und Kündigungsschutz. Auf der anderen Seite, Leih- beziehungsweise. Zeitarbeitnehmer, die häufig nur ein Drittel ihrer „Kollegen" verdienten und nur bei Bedarf beschäftigt würden: „Das System ist ideal für Arbeitgeber. Sie können ihre Beschäftigten wieder loswerden - ohne teuren Sozialplan", stellt Rüther fest.