Cupertino. Lange war Steve Jobs nicht da. Gesundheitsprobleme, eine Lebertransplantation. In der kommenden Woche will er wiederkommen, will Apple wieder leiten. Fans und Anleger atmen auf. Denn Jobs ist Apple. Und Apple, glauben viele, ist nichts ohne Jobs. Aber stimmt das?
32 000 Mitarbeiter hat die Firma Apple. Viele kluge Köpfe sind darunter. Vielleicht die klügsten. Doch in der Öffentlichkeit steht nur einer. Steve Jobs. Der wird gegen Ende 2008 immer dünner. „Hormonstörung”, wiegelt er ab, muss aber zum Jahreswechsel einräumen: „Die gesundheitlichen Probleme sind komplexer als ursprünglich gedacht.” Deshalb werde er sich zurückziehen. Zeitlich begrenzt. „Wir sehen uns im Sommer.” Eigentlich ist nichts passiert. Die Aktie bricht trotzdem kurzfristig ein.
Die Branche rätselt. Bis Apple vor kurzem bekannt gibt. „Steve Jobs hat erfolgreich eine neue Leber bekommen.” Bei der Suche nach einem Spenderorgan sei er nicht bevorzugt behandelt worden, sondern „wie alle anderen”.
Rumgammler, Zen-Buddhist, Veganer
Das ist ungewöhnlich für Jobs. Denn „wie alle anderen” will er nicht behandelt werden. Will er auch nicht handeln. Deshalb hält sich das 1955 in San Francisco geborene Adoptivkind schon früh nur ungern an Regeln, beachtet keine Konventionen. Er bricht seine Ausbildung ab, gammelt herum, verschreibt sich einer Zen-Religion, wird Veganer, geht barfuss und wäscht sich eine Zeitlang eher selten. Wer ihn liebt, nennt ihn „Visionär”, wer ihn mag „Exzentriker”. Die meisten nennen ihn ungeduldig, herrschsüchtig oder arrogant.
Vielleicht muss man so sein in den 1970ern, um schon mit 21 Jahren in einer Garage eine Firma für Heimcomputer zu gründen. Ausgerechnet für Heimcomputer. In den 1970ern! „Die will doch keiner”, heißt es. Vier Jahre später ist Jobs Millionär.
„Die Produkte sind beschissen. Nicht sexy.”
1985 fliegt er aus seiner eigenen Firma, weil er den Vorstand stürzen will. 1997 kommt er wieder. Auf Bitte des Vorstandes. Apple schreibt Verluste. Jobs weiß warum. „Die Produkte sind beschissen”, urteilt er. „ Nicht sexy.” Sexy, sagt der alte und neue Boss, ist ein Computer, der in den Bildschirm integriert ist. Den lässt er bauen. Gegen Widerstände und Vorbehalte von Untergebeben und Vorstandskollegen. 1998 erscheint der „iMac”. Die Fans greifen ohne zu zögern tief ins Portemonnaie. „Hätte ich fast vergessen”, kann Jobs seine Rede auf Mac-World 1998 beenden. „Wir sind wieder profitabel.”
Nun ist er nicht mehr zu stoppen. „Geht nicht gibt's nicht” wird das Motto bei Apple, lange bevor eine deutsche Baumarktkette damit wirbt. Jobs macht keine Marktforschung, er ist die Marktforschung. „Er weiß, was die Menschen wollen, bevor sie es selbst wissen”, sagen Apple-Mitabeiter. Und er weiß, wen er fragen muss, um es zu kriegen. Immer wieder gelingt es ihm, die besten Leute zu Apple zu holen. Sie setzen seine Wünsche in die Realität um.
„It's un-be-lie-va-ble!“
Bekannt wird keiner dieser klugen Köpfe. Jobs langer Schatten verschluckt sie alle. Seine Auftritte auf den Apple-Messen werden legendär. Sie sind eine Mischung aus Rockkonzert und Predigt. In Jeans und schwarzem Rolli steht er auf der Bühne und ruft „It's un-be-lie-va-ble!“ ins Publikum. Oder „pretty cool, hu?”. Selbst wenn er nur eine neue Computermaus vorstellt. Fans übernachten vor der Tür, um ein Ticket zu ergattern. Wann hat schon einmal jemand bei Sony vor der Tür übernachtet? Oder bei Nokia?
Dabei sind Apples Produkte zwar gut, doch längst nicht immer die besten. Aber Jobs ist der beste Verkäufer. Waren Apple-Rechner früher nur interessant für gut betuchte Kreative, machen iTunes, iPod und iPhone Millionen Menschen den Mund wässerig. Weil Steve Jobs offenbar tatsächlich einen siebten Sinn für ihre Wünsche hat.
Ist Apple wirklich nichts ohne Jobs?
Deshalb ist Jobs Apple. Aber ist Apple wirklich nichts ohne Jobs? Gerade weil Apple den Massenmarkt erobert habe, könne es in Zukunft auch ohne seinen Gründer überleben, glauben erste Experten. Noch ist diese Frage müßig. Kommende Woche kommt Jobs ja wieder. Erst einmal.