Einer der Kardinalfehler politischer Entscheidungen ist es, nur die direkten und nicht die indirekten Folgen dieser Entscheidung zu berücksichtigen. Die Ansicht etwa, es gebe eine feste Zahl an Arbeitsplätzen, die nur richtig verteilt werden müssten, führte dazu, unter dem Schlagwort „Altersteilzeit“ Menschen früher in den Ruhestand zu schicken, um Arbeitsplätze für Arbeitslose frei zu machen und die Altersarbeitslosigkeit zu verringern.

Tatsächlich ist durch diese Maßnahme die Altersarbeitslosigkeit nicht zurückgegangen sondern eher angestiegen. Die Wirtschaft reagiert auf solcherart veränderte Bedingungen nicht einfach durch Neubesetzung der frei gewordenen Stellen.

Dies liegt daran, dass sich erstens die Kosten der Arbeit verändern, direkt oder indirekt. Damit werden einzelne Stellen oder Investitionen nicht mehr rentabel. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Kosten anders verteilt oder verschoben werden.

Beschäftigungschancen

Zweitens beeinträchtigt diese Maßnahme den unmittelbaren Anreiz, ältere Arbeitnehmer einzustellen: Fast alle Stellen der heutigen Wirtschaft, insbesondere in selbstverantwortlichen und komplexen Bereichen, benötigen nicht nur eine gewisse Einarbeitung. Sie erfordern darüber hinaus ein Vertrauen und ein Engagement, welches über die überprüfbare Leistungserbringung hinaus geht. In der Regel erreicht man dies durch eine längerfristige Beschäftigung. Je kürzer die Betriebszugehörigkeit, desto schwerer ist es, dies sicherzustellen. So stellt ein Unternehmen einen 55-jährigen Mitarbeiter eher ein, wenn es mit ihm noch zwölf Jahre rechnen kann, als wenn er nur noch fünf Jahre bis zur (Früh-)Rente arbeitet. Die Anreize zur Frühverrentung beeinträchtigen somit die Beschäftigungschancen älterer Arbeitsloser.

Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit (Rente mit 67) kann helfen, beide Probleme zu entschärfen. Das Argument, es gebe keine Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer, gilt also aller Wahrscheinlichkeit nicht. Wegen des nötigen Vertrauens und der richtigen Anreize war es auch so wichtig, in der Finanzkrise etwa durch Kurzarbeit die Beschäftigten im Betrieb zu halten. Wären die Mitarbeiter entlassen worden oder hätten die Betriebe die Finanzkrise nicht überstanden, hätte diese Reputation erst wieder mühsam aufgebaut werden müssen.

Möglicherweise ist genau dies auch ein Grund für vergleichsweise geringe Löhne für Zeitarbeit, so attraktiv dieses Instrument für Arbeitgeber auf den ersten Blick erscheinen mag. Die Unternehmen können vordergründig Lohn einsparen und die Mitarbeiter nur bei entsprechender Auftragslage beschäftigen, verlieren aber die Bindung ans Unternehmen und damit das nicht vertraglich fixierbare Engagement. Bei einfachen und leicht kontrollierbaren Tätigkeiten mag dies günstig sein, bei komplexeren und eigenverantwortlichen Arbeiten schadet es den Un-ternehmen mehr als es nützt.