Essen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Düsseldorfer FDP-Landtagsfraktion, Stefan Romberg, stellte eine Strafanzeige gegen einen Verein, der seiner Meinung nach Scientology nahesteht. Ein Münchner Gericht lehnte das Verfahren ab, was Rombergs Vertrauen in die Justiz erschüttert.

Reicht der lange Arm von Scientology bis in Kreise der Justiz? Diese Frage stellt sich der gesundheitspolitische Sprecher der nordrhein-westfälischen FDP-Landtagsfraktion, Stefan Romberg. Er hatte Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen den nach seinen Angaben Scientology-nahen Verein „Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte” gestellt.

Romberg, selbst Facharzt für Nervenheilkunde, war Propaganda-Material des Vereins unter dem Titel „Psychiatrie: Tod statt Hilfe” zugeschickt worden. In der mehr als 60 Seiten umfassenden „Dokumentation” wird die Psychiatrie global als „der größte und gefährlichste Betrug aller Zeiten” und „Rassismus aus der Retorte” angeprangert, die auch für die Ermordung der Juden im Dritten Reich hauptverantwortlich gewesen sei. Es handele sich „um eine geldgierige, korrupte Industrie, die eine Spur der Zerstörung hinterlässt”. Psychiater werden pauschal als „Bande lüsterner, egoistischer und skrupelloser Ausbeuter” dargestellt.

Strafverfahren eingestellt

Da der Verein seinen Sitz in Bayern hat, stellte der FDP-Politiker seine Anzeige bei der Münchener Staatsanwaltschaft. Die erkannte sofort einen Anfangsverdacht der Volksverhetzung und leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Der zuständige Oberstaatsanwalt beantragte, wie er der WAZ bestätigte, bei Gericht einen Durchsuchungsbeschluss für das Büro des Vereins zur Beschlagnahme von Beweismaterial.

Doch zur großen Überraschung verweigerte der Richter am Landgericht München I „mangels hinreichenden Tatverdachts” die Genehmigung. Die „fraglichen Äußerungen” stellten „keinen Angriff auf die Menschenwürde” dar und würdigten Psychiater ausschließlich in ihrer beruflichen Funktion, nicht aber in ihrer gesamten Persönlichkeit herab. Als auch eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Ablehnung des Gerichts erfolglos blieb, stellte sie das Strafverfahren ein.

Vertrauen in die Justiz "erheblich erschüttert"

Der Arzt und FDP-Politiker Romberg ist entsetzt. „Das Aufsuchen eines Psychiaters ist aufgrund der Stigmatisierung oft eine hohe Hürde. Sie wird durch Äußerungen wie von Scientology auf völlig unverantwortliche Art und Weise noch erhöht.” Dadurch werde „bewusst in Kauf genommen, dass noch mehr psychische Krankheiten unbehandelt bleiben, chronisch werden oder gar zum Selbstmord führen”, mahnt Romberg, dessen Vertrauen in die Justiz jetzt „erheblich erschüttert” worden ist.

In Nordrhein-Westfalen steht Scientology allerdings nach wie vor unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Das bestätigte am Montag NRW-Verfassungsschutz-Leiter Hartwig Möller. Die Aktivitäten der umstrittenen Glaubensgemeinschaft seien aber leicht rückläufig und lägen nicht im politischen Bereich.

Ziel der Organisation sei vor allem, „bei Hilfsbedürftigen abzukassieren”, betonte Möller, also Geld zu machen. „Man muss Scientology bekämpfen”, ließ der Chef des NRW-Verfassungsschutzes keinen Zweifel an der Gefährlichkeit dieser Organisation.

Mehr zum Thema: