Essen. Nur wenige Automarken verdienen mit kleinen Stückzahlen großes Geld. Die wirklich Reichen sind ein schwer einzuschätzendes Kaufpublikum. Aston Martin und Bentley hängen in der Käüufergunst den Maybach ab.

Ferrari? Rolls-Royce? Lamborghini? Nein: Die Marke mit dem explosivsten Wachstum in den vergangenen Jahren heißt Aston Martin, gefolgt von Bentley. Und das liegt nicht daran, dass die britischen Sportwagen traditionell von James Bond gefahren werden, sondern dass man den feinen Nerv der Wohlhabendsten getroffen hat.

Alle Auto-Welt strebt danach, Luxuslimousinen oberhalb der S-Klasse und Sportwagen am Ende der Porsche-Skala zu verkaufen. Es geht dabei um Autos möglichst weit jenseits von 100 000 Euro Basispreis, garniert mit höchsten Aufpreisen für endlose Individualisierungsoptionen. Der Gewinn pro Einheit kann riesig sein, ebenso der Imagezuwachs für einen sonst biederen Massenhersteller. Der Unsicherheitsfaktor: Multimillionäre entziehen sich Kundenbefragungen.

Ein großer Name allein reicht nicht

Ein großer Hersteller-Name allein garantiert deshalb noch keinen Erfolg. So ist Daimler-Benz mit dem Maybach ebenso gescheitert wie mit dem Mercedes SLR McLaren. Zu wenige Superreiche der Welt mochten den exaltierten SLR-Phallus oder die grotesk wirkende, weil auf bis zu 6,17 Meter verlängerte S-Klasse.

Vom Maybach, Mindestpreis 400 000 Euro, wurden im ersten Halbjahr 2008 noch ganze 150 Stück gefertigt, vom Hauptkonkurrenten Rolls-Royce Phantom zum etwa gleichen Preis dagegen 573. Angekündigt hatten die Stuttgarter beim Erscheinen 2002 eine Jahresproduktion von 1000 Stück für mehrere Jahre.

Beim 440 000 Euro teuren SLR stehen noch 223 Exemplare in der Produktionsstatistik für '08. Der wird bei McLaren im englischen Woking produziert, und der streitbare McLaren-Boss Ron Dennis besteht auf Abnahme der vereinbarten 3500 Stück. Den SLR-Nachfolger, einen echten Flügeltürer, dessen Öffnungen wie Möwenschwingen am Dach befestigt sind, baut Mercedes gleich wieder selber.

Baby-Rolls ein sozialer Abstieg?

„Unser neues Einstiegsmodell peilt fünf Millionen potenzielle Kunden an, die über fünf Millionen Euro pro Jahr verfügen”, beschreibt Rolls-Royce-Vertriebschef Klaus Berning zeitgemäß die „oberen Zehntausend”. Die noble BMW-Tochter, 2003 aus dem Nichts inklusive teurem Werk komplett neu aufgebaut, will eine kleinere Luxuslimousine im Jahr 2010 auf den Markt bringen. Das „Downsizing” einer Nobelmarke kann aber gefährlich werden. Niemand garantiert dafür, ob nicht die Fünf-mal-fünf-Millionen-Euro-Klientel einen Baby-Rolls als sozialen Abstieg betrachtet.

Das betriebswirtschaftliche Erfolgsrezept des XS-Rolli ist ansonsten das Gleiche wie bei der ehemaligen Schwestermarke Bentley, die seit 1998 zu VW gehört: Technikplattformen, die man aus Kostengründen nicht für kleine Stückzahlen isoliert entwickeln kann, aus dem Konzernbaukasten zu entnehmen. Bentley verfeinert die Basis des Audi A8 so, dass der Kunde den Stallgeruch des Massenprodukts nicht mehr riecht.

Trotzdem: Wann sich bei einer jährlichen Ausstoß von knapp 10 000 Wagen mit dem großen geflügelten B auf der Haube die 600 Millionen Euro Kaufpreis plus Neubau des Werks in Crewe für VW amortisiert, darüber lässt sich nur spekulieren. Über den vielbeschworenen Imagegewinn auch. Keine Spekulation: Trotz inzwischen 270 für eine Million Euro Netto verkauften, über 400 km/h schnellen Veyron zahlt Volkswagen bei der reaktivierten Supernobelmarke Bugatti kräftig drauf.

Zylinder und PS en masse müssen sein

So wie bei einer Luxus-Immobilie die Lage, ist es bei einer Luxus-Mobilie die Marke, die den stärksten Kaufanreiz für die wachsende Schar der Neu-Reichen der Welt setzt - nicht der letzte Stand der Technik. Zylinder und PS en masse müssen es natürlich sein, wie beim oberitalienischen Trio Infernale. Still und leise sind die Fiat-Gewächse Maserati und Ferrari bei Jahresproduktionszahlen von über 8000 Acht- und Zwölfzylindern angekommen. 150 000 kostet der Brot-und Butter-Ferrari F430. Audi-Anhängsel Lamborghini hat allen voraus, schon 1986 einen Super-Geländewagen gebaut zu haben, zu dem sich zurzeit niemand traut. Noch.