Ruhrgebiet. Nach dem Angriff dreier Rabenkrähen auf eine Frau in Herne versuchen Ornithologen, die Gemüter zu beruhigen.
Schlagzeilen wie „Braunbär tötet 50-Jährigen beim Pflanzensammeln” passen mühelos in unser Weltbild, und auch „Python erwürgt Halter” löst allenfalls ein Achselzucken aus. Aber Bären und Schlangen sind ja auch die üblichen Verdächtigen, Vögel jedenfalls nicht, die gelten als nett. Aber „Krähen greifen Frau an”?
Die 43-Jährige war im Herner Gysenberg-Park von drei Rabenkrähen angegriffen worden, gestürzt und zog sich dabei blaue Flecken zu; erst zwei Männer, die ihr zu Hilfe kamen, konnten die Vögel verscheuchen. Es gebe „ein paar solcher Einzelfälle, unter fünf pro Jahr”, sagt dazu der Ornithologie Michael Jöbges vom „Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz” in Recklinghausen: „Vermutlich war der Hund das Problem. Wenn Jungvögel am Boden sitzen, greifen die Eltern den Hund an, und der Mensch steht im Weg.”
Gegen die Theorie spricht indes die Zahl der Angreifer: „Dreierbeziehungen unter Rabenkrähen sind mir nicht bekannt”, so Jöbges.
Schutz der Brut
Wenn Vögel Menschen angreifen, geht es fast immer um den Schutz der Brut (und Bussarde greifen gern mal Jogger an, wofür es noch keine rechte Erklärung gibt). Todesfälle sind jedenfalls nicht bekannt, eine Frau verlor einmal ein Auge durch die Kralle eines Waldkauz', der in ihrem Haar saß: „Bei einem Uhu wäre das tödlich für den Menschen.”
Wer in einen Vogelangriff gerate, solle seinen Kopf schützen, sich entfernen und die Stelle „erstmal nicht aufsuchen” – die kritische Phase der Aufzucht der Jungvögel sei nach wenigen Wochen vorbei. Auch handele es sich meist um Scheinangriffe, „aber wenn das Tier in die Haare kommt, kann es Verletzungen geben”.
Freilich spricht einiges dafür, dass Mensch und Rabenkrähe in den nächsten Jahren häufiger zusammenstoßen, denn sie hocken enger aufeinander als je. Vor 30 Jahren gab es die Vögel nämlich noch gar nicht in der Stadt. „Sie sind sehr intelligent und haben erkannt, dass die Lebensqualität der Stadt viel höher ist”, sagt Jöbges: hohe Bäume, keine Jäger, kaum Fressfeinde, und dazu viel Nahrung in der zerquetschten Gestalt überfahrener Igel oder Katzen.
Ähnlich muss man sich das Vordringen der Möwen in Westerland vorstellen. Das Tourismus-Amt hat eigens ein Faltblatt „Umgang mit Möwen” aufgelegt, nachdem die 2008 mehr denn je Menschen das Eis oder das Brötchen aus der Hand rissen. Deshalb gilt weiter auf Sylt der Rat: „Halten Sie Eis, Crêpes o.ä. nicht zu weit vom Körper weg.”
Aber wenigstens wollen die Möwen einem nicht ans Leben. Das kann man von Santino nicht sagen, einem Schimpansen in Schweden. Santino wurde gesehen, wie er nachts Brocken aus Wänden brach und Steine sammelte, um damit tagsüber Zoobesucher zu bewerfen. Nun gilt er als Zeuge für die These, dass Schimpansen planen. „Schimpanse plante Angriff auf Zoobesucher” – das klingt nach Terror.