Das Ende der traditionsreichen Warenhauskette Hertie ist besiegelt. Die bundesweit 54 Filialen sollen voraussichtlich in zwei Monaten schließen, den 2600 Beschäftigten droht die Entlassung.

Essen.Das beschloss die Gläubigerversammlung des insolventen Unternehmens in Essen. Ob Hertie noch Geld für einen Sozialplan und Abfindungen hat, blieb zunächst offen. Besorgt zeigten sich auch Bürgermeister aus Städten mit Hertie-Standorten – zum Beispiel Hattingen und Velbert.

Insolvenzverwalter Biner Bähr machte die britischen Eigentümer der Hertie-Immobilien für das Aus der Kaufhauskette verantwortlich. Trotz des Interesses seriöser Investoren für das Warenhausgeschäft hätten die Vermieter um die Firma Dawnay Day überzogen hohe Mieten verlangt und so eine Einigung verhindert, sagte Bähr. Der Insolvenzverwalter ist selbst umstritten. NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) kritisierte, Bähr habe „monatelang ein zu positives Bild gezeichnet”. Das Land hatte eine Bürgschaft für Hertie-Investoren in Aussicht gestellt. Eine Gruppe um erfahrene Handelsmanager zog sich aber am Dienstag überraschend zurück.

Die Immobilien-Eigentümer um Dawnay Day setzen mit Blick auf die Häuser in Innenstadtlagen offenbar auf einzelne Verkäufe oder Mietverträge. Es gebe bereits Interessenten, berichtete ein Anwalt der britischen Investoren.

Bähr warf Dawnay Day vor, dem Unternehmen sei es von Anfang an „ausschließlich” um die Immobilien und nicht um das Warenhausgeschäft gegangen. Als Beleg führte er an, dass für die Namensrechte an der Marke Hertie nur „ein einziger Euro” bezahlt worden sei, für die Immobilien hingegen eine Millionensumme.

Der heutige Arcandor-Konzern hatte vor vier Jahren unter seinem damaligen Chef Thomas Middelhoff ursprünglich 73 kleinere Warenhäuser an die Investoren unter Führung von Dawnay Day verkauft. Die neuen Eigentümer hatten den Traditionsnamen Hertie wiederbelebt, der noch an die Firmengründung 1892 von Hermann Tietz erinnert.

Hertie-Gesamtbetriebsratschef Bernd Horn wies den Investoren die Hauptschuld für den Niedergang der Warenhauskette zu. Dawnay Day habe Hertie „ausbluten lassen”, sagte Horn. „Es ist einfach unfassbar, was hier passiert”, schimpfte der Betriebsrat. Ein Anwalt der Investoren wies den Vorwurf zurück. Dawnay Day habe 180 Millionen Euro ins Unternehmen gesteckt. Horn kritisierte auch die Deutsche Bank als wichtigste Gläubigerbank von Dawnay Day.

Die Versammlung in Essen verfolgten auch zahlreiche Hertie-Beschäftigte, unter ihnen Christel Plötz, die 33 Jahre lang für die Warenhauskette gearbeitet hat. „Wir haben viel Herzblut an die Firma gegeben”, sagte sie. „Und nun will man uns kaltschnäuzig unsere Arbeitsplätze wegnehmen.”