An dieser Stelle kommentieren Professoren aus dem Ruhrgebiet jeden Montag aktuelle ökonomische Themen: Heute: Helmut Karl, Professor für Wirtschaftspolitik an der Ruhr-Universität Bochum.
"Angesichts des Verkehrswachstums braut sich auf den Straßen des Ruhrgebiets immer mehr ein Megastau zusammen. Zudem ist das Ruhrgebiet Standort für Logistikunternehmen, die kräftig expandieren und für wachsenden Straßengüterverkehr sorgen. Das Land reagiert auf diese Entwicklung, indem es auf den Ausbau der Straßenverkehrs-Infrastruktur drängt.
Mit einer vor allem auf Ausbau der Straßen orientierten Verkehrspolitik wird allerdings eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Alternative für den Güterverkehr vernachlässigt. Diese firmiert unter dem Namen CargoCap und transportiert Güter durch unterirdische Rohrleitungen. Die Caps nehmen die üblichen Europaletten auf. Die Rohre mit zwei Metern Durchmesser können ohne Aufgraben unterirdisch verlegt werden.
Ein entsprechend ausgebautes Leitungsnetz kann in einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet dafür sorgen, dass Güter ohne Staus zuverlässig, umweltfreundlich und wirtschaftlich transportiert werden. Durch das unterirdische Fahrrohrleitungsnetz rollen viele Waren mit durchschnittlich 36 km/h zum Ziel - in die Fabrik oder in das Kaufhaus. Das Leitungsnetz müsste die großen Geschäftszentren der Innenstädte Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund und bedeutende Handelsstandorte wie etwa das CentrO in Oberhausen verbinden. Zudem müssten Logistikzentren eingebunden werden.
Während in den umweltbelastenden Straßenverkehr finanzielle Mittel der öffentlichen Hand gepumpt werden, geht CargoCap bisher leer aus. Für staatliche Unterstützung gibt es jedoch gute ökonomische Argumente. Zunächst kann das neue Transportsystem wirtschaftlich betrieben werden, weil dafür bereits ein Marktanteil von rund 15 Prozent ausreichend ist und der Ballungsraum Ruhrgebiet ein hohes Transportaufkommen besitzt.
Trotzdem werden von Privaten der Bau und Ausbau eines solchen Netzes nur unzureichend in Angriff genommen. Dies liegt daran, dass jeder neue Teilnehmer nur seinen individuellen Vorteil berücksichtigt. Aber, ähnlich wie beim Telefonnetz, erhöht jeder zusätzliche Teilnehmer auch den Nutzen für alle anderen, weil die Erreichbarkeit neuer Standorte ermöglicht wird.
Zudem wird das Allgemeinwohl durch die Vorteile für Umwelt und Gesundheit gesteigert, weil Teile des Straßengüterverkehrs auf das neue Transportsystem verlagert werden. Dies hilft auch, den Dauerstau im Ruhrgebiet aufzulösen. Solche Vorteile sind aber aus Sicht privater Investoren irrelevant, weil diese nicht zu Erlösen führen. Auch deshalb sollte die Verkehrspolitik des Landes beim Bau des unterirdischen Fernrohrlei-tungssystems aktiv werden und nicht einseitig die Straße gegenüber unterirdischen Transportleitungen begünstigen. Dazu sollten Mittel im Landeshaushalt zugunsten von CargoCap umgeschichtet werden."