Essen. Drei Jahre nach den Gammelfleisch-Skandalen in NRW klaffen in der Lebensmittelüberwachung noch immer riesige Lücken.
In 40 von 54 Städten und Kreisen in NRW fehlen Geld und Personal, um notwendige Kontrollen in Schlachthöfen, Kühlhäusern oder Gaststätten zu machen. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die der WAZ vorliegt.
Obwohl die Landesregierung nach dem massenhaften Fund verdorbenen Fleischs eine Ausweitung der Kontrollen angekündigt hatte, ist die Zahl seit 2004 um 18 000 Überprüfungen gesunken. Dabei gibt es mehr denn je Überwachungsbedarf: Laut amtlicher Statistik wird bei Lebensmittelkontrollen in Deutschland jeder vierte Betrieb beanstandet. Jede fünfte Fleischprobe fällt auf.
Auch die Verdopplung des Personals auf 600 Lebensmittelkontrolleure, die Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) 2006 versprochen hatte, fand bislang nicht statt. Eingestellt wurden bislang lediglich 31 angelernte Assistenten, die den Fachkräften in der Lebensmittelüberwachung zur Hand gehen sollen. Auf neue, staatlich ausgebildete Lebensmittelkontrolleure müssen die Kommunen mindestens noch zwei Jahre warten: Erst in diesem Jahr beginnt ein neuer Ausbildungsjahrgang.
"Es gibt keine ausgebildeten Kontrolleure"
Das Verbraucherschutzministerium in Düsseldorf verwies auf „finanzielle Probleme in den Kommunen”, die eine Aufstockung des Personals erschwerten. Zudem gebe es auf dem Arbeitsmarkt keine ausgebildeten Kontrolleure.
Die Grünen werfen der Landesregierung vor, zu Lasten des Verbraucherschutzes Versprechen zu brechen. „Es ist nichts passiert. Wir haben drei Jahre verloren”, sagte Johannes Remmel, parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer, der WAZ. Er fordert eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen.
Auch vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure kommt Kritik. Der Vorsitzende Martin Müller bezeichnet die Ankündigungen der NRW-Regierung als „Mogelpackung”. Die neuen Assistenten seien „Lebensmittelkontrolleure im Schnellwaschgang”, sagte Müller. „Wir können auf Alibi-Personal gut verzichten. Was wir brauchen, ist ausgebildetes Fachpersonal, das mit den Unternehmen auf Augenhöhe sprechen kann.”