Düsseldorf. Die Polizei hat die Firmen von über 150 Kunden eines Hamburger Geschäftsmannes durchsucht - meist Gartenbaubetriebe. Sie sollen Pflanzenschutzmittel eingesetzt haben, die in Deutschland verboten sind, weil sie die Gewässer verseuchen.

In Deutschland scheint keine Woche mehr zu vergehen, in der sich die Behörden nicht mit Giftstoffen im Wasser, in der Luft oder im Boden herumschlagen müssen. Diesmal geht es um 50 illegale Pflanzenschutzmittel, deren Einsatz hierzulande im Laufe der 90er Jahre aus Angst vor Gewässerbelastung untersagt worden ist, sowie um eine auch für Menschen in kleinen Mengen hochgiftige Chemikalie „Nikotinsulfat”. Diese tötet zwar jede Bakterie in Hühnerställen ab, aber deren Benutzung ist wegen ihren lebensgefährlichen Wirkungen seit Jahrzehnten streng verboten.

Gewinnchanchen lockten

Doch einen Hamburger Händler lockten offensichtlich die enormen Gewinnchancen beim Vertrieb der illegalen Mittel. Der 65-Jährige soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft hunderte Firmen mit den Pflanzenschutzmitteln beliefert haben; wie viele mit „Nikotinsulfat” ist unbekannt.

Die Behörden beschlagnahmten dutzende Tonnen an Chemikalien in NRW, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Allein in NRW durchsuchten sie über 150 Kunden des Hamburgers, meist Gartenbaubetriebe, die mit den Pflanzenmitteln Blumen oder Weihnachtsbäume vor Insektenbefall bewahren. Mitte Februar fiel der Staatsanwaltschaft eine Kundenliste des Großhändlers in die Hände, die sie dann in geheimen Razzien abarbeitete. So gelang den Fahndern der bisher größte Schlag gegen den Chemikalien-Schwarzmarkt in Deutschland.

Normalerweise sind die Haupttäter schwer zu erfassen, da der Handel meist per Kofferraum-Geschäft verläuft: Händler fährt mit Auto vorbei, lädt aus und kassiert. Die illegalen Stoffe sind so beliebt, weil diese billiger und effizienter sind als die zugelassenen Pestizide.

Noch relativ harmlos

Die Verwendung der illegalen Pflanzenschutzmittel für Zierpflanzen scheint nach Darstellung des NRW-Umweltministeriums von Eckhard Uhlenberg (CDU) aber noch relativ harmlos zu sein: Die 50 Pestizide waren jahrzehntelang in Deutschland erlaubt; sie sind nur deshalb verboten worden, weil modernere Mittel weniger wasser- und Bienen-schädlich sind.

„So etwas gelangt nicht ins Trinkwasser der Bürger”, sagt ein Ministeriumssprecher. Und: Sie sind in anderen EU-Ländern zum Teil immer noch zugelassen.

Ein Vorstoß gilt daher hier nur als Vergehen und wird mit Ordnungsgeld von bis zu 50.000 Euro bestraft. Der Industrieverband Agrar ist aber alarmiert: „Wir verurteilen solche Geschäfte aufs Schärfste – sie bringen unsere gesamte Branche in Verruf.”

Vorsichtige Entwarnung

Viel schlimmer jedoch ist der Handel und Einsatz mit dem für Menschen hochgiftigen „Nikotinsulfat”. Dieses kann bei Desinfizierung der Ställe nicht nur Arbeiter, sondern auch Verbraucher gefährden, da das Mittel – wie einmal Mitte der 90er Jahre in Niedersachsen – ins Hühnerfleisch und in die Eier geraten kann.

Doch das NRW-Umweltministerium gibt hier vorsichtig Entwarnung: „Wenn so etwas in Lebensmitteln aufgetaucht wäre, hätten unsere Kontrolleure oder die Branchen-eigenen Experten sofort etwas gefunden.” Man sei sich ziemlich sicher, dass das Gift nicht nach NRW verkauft oder in NRW eingesetzt worden ist.

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