Bochum. Die Landesregierung soll nach Meinung des Sozialhistorikers Klaus Tenfelde die Verwaltungsstrukturen renovieren.

Prof. Dr. Klaus Tenfelde
Prof. Dr. Klaus Tenfelde © WAZ

Wird das Ruhrgebiet irgendwann noch einmal zur kraftvollen Einheit? Generationen arbeiten sich an dem Thema ab, das Ende ist selbst dann nicht in Sicht, wenn Profis die Lage wissenschaftlich analysieren. Bis jetzt ist's eher ein Dschungel, findet der Bochumer Sozialhistoriker Klaus Tenfelde. Und den Pfad ans Licht soll die Landesregierung schaffen – indem sie die Verwaltungsstrukturen renoviert.

„Ohne politische Einheit wird das Ruhrgebiet nicht erkennbar als Metropolregion”, sagte er gestern am Rande einer Abschlussdiskussion auf der ersten Regionalkonferenz der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Die befasste sich drei Tage mit dem Zustand und der Zukunft des Reviers.

Tenfelde erinnerte an „zwei Provinzen, zwei Landschaftsverbände und drei Bezirksregierungen”. Es sei eine einzige Leidensgeschichte. Und wenn die „zuständigen Abgeordneten alle aus Düsseldorf und Münster kommen”, sei das nicht förderlich. Tenfelde sieht darüber hinaus „zu wenige Anreize für regionale Zusammenarbeit. So wirtschaftet weiter jeder für sich rum.”

Der Dortmunder Soziologe Hartmut Neuendorff glaubt sogar, es gebe in Düsseldorf oder Köln kein politisches Interesse an einem einigen Ruhrgebiet. Wie Tenfelde hält auch er den Konkurrenzkampf der Städte eher für hinderlich. „Jeder will das, was der andere hat und bekommt die Fördermittel. Das ist eine sehr gefährliche Strategie, weil man überall auf unterschiedliche Voraussetzungen trifft.”

Erkenntnisse, die beide kaum exklusiv haben dürften, aber wie kommt Bewegung in die Sache? Auch Politikwissenschaftler Claus Leggewie beschreibt zwar angesichts des fortschreitenden Klimawandels Handlungszwänge im Regionalen, weil nur dort umgesetzt werden könne, was global beschlossen wird. Aber wie das Ruhrgebiet seine dramatischen Verkehrsprobleme in den Griff bekommen soll, die so gar nicht zu den Klimaschutzzielen passen, das kann er nur grob umreißen: mit dem massiven Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs und dem Wunsch, die Arbeitenden mögen möglichst nahe an ihren Arbeitsplätzen wohnen. Leggewie spricht von einem notwendingen Einstieg in eine neue Politik in dieser Legislaturperiode. Aber er räumt ein: „Demokratien können mit Zeitdruck nicht umgehen.”

Da bleibt dem Soziologen Hermann Korte, der lange in Bochum lehrte, mit Blick auf die demographische Entwicklung des Ruhrgebiets fast nur galliger Humor: „Hier ist kein Bedarf für Hightech, sondern für Altenpflege.”