Essen. Die Innenstädte und Einkaufszentren sind voll, die Verbraucher zeigen sich von der Wirtschaftskrise weitgehend unbeeindruckt. Die Inflation schwindet - die Bürger haben mehr Geld zur Verfügung. Das spürt der Einzelhandel und das belegen auch die neuesten Umfragezahlen.

Das Konsumklima

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Verbraucher sind geneigter, sich neue Dinge zu kaufen. Das hat die Nürnberger Gesellschaft für Konjunkturforschung (GfK) ermittelt. Im Juli stieg der Anschaffungs-Indikator zum vierten Mal in Folge. Dank niedriger Teuerungsraten, höherer Rente und Geld aus dem zweiten Konjunkturpaket steige die Kauflaune weiter, so die GfK-Experten. Sie hatten 2000 Verbraucher befragt. Auch die Einkommenserwartung fällt günstiger aus: Die finanzielle Lage in den Haushalten wird mit wieder positiv bewertet – anders als noch im Juni beziehungsweise ein Jahr zuvor.

»Die Krise betrifft mich nicht weiter. Ich suche ganz gezielt gute Geschäfte auf und kaufe nur Qualität. Da hat man dann länger was von.« Hetti Oelenberg, Menden
»Die Krise betrifft mich nicht weiter. Ich suche ganz gezielt gute Geschäfte auf und kaufe nur Qualität. Da hat man dann länger was von.« Hetti Oelenberg, Menden © Ulrich von Born / WAZ

„Die Inflation schwindet und den Bürgern bleibt mehr Geld im Portmonee”, erklärt GfK-Geschäftsführer Rolf Bürkl. Auch Steuerentlastungen beflügelten den Konsum, der eine wichtige Konjunkturstütze sei. Nach Erkenntnissen des Instituts griffen Verbraucher in den ersten fünf Monaten gern nach Unterhaltungselektronik, Informationstechnik und kleinen Haushaltsgeräten.

Bürkl verhehlt aber auch nicht, dass der für August prognostizierte Konsumklimaindex von 3,5 im längerfristigen Vergleich „auf einem recht niedrigen Niveau” liege und Ökonomen eine steigende Arbeitslosigkeit befürchten.

Der Handel

Das Klima ist gut, aber auch die Lage? „Die Händler machen gute Geschäfte”, sagt Sebastian Baumann vom Essener Einkaufszentrum Limbecker Platz. „Sehr zufrieden” ist Frank Pöstges-Pragal, Chef vom Centro Oberhausen. Er hat mehr Besucher als im Vorjahreszeitraum gezählt, und auch der Umsatz habe sich gegenüber 2008 „leicht positiv” entwickelt. „Der Sommerschlussverkauf läuft bombastisch”, sagt der Centro-Chef.

Der Handel trotzt der Wirtschaftskrise

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    So überschwänglich argumentieren die Verbände nicht. „Wir sind mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen”, sagt Doris Lewitzky vom Einzelhandelsverband Duisburg und Niederrhein.

    Obwohl der Umsatz im NRW-Einzelhandel laut Statistischem Landesamt im Juni um drei Prozent zurück ging, zeigt sich NRW-Verbandsgeschäftsführerin Waltraud Loose optimistisch: „Die Stimmung ist in der Tat gut. Die Händler bekommen einen Schluck aus der Flasche ab, weil die Preise sinken.” Zu beobachten sei, dass die Leute an anderer Stelle – etwa am Urlaub – sparten und dafür ihre Gärten und Balkone verschönerten. Prognosen für eine steigende Arbeitslosigkeit bereiten den Händlern aber Bauchschmerzen für das zweite Halbjahr. Loose: „Wir rechnen damit, dass der Umsatz 2009 um zwei Prozent gegenüber 2008 zurückgeht und das war schon nicht zum Jubeln.”

    Die Verbraucher

    »Wenn ich einkaufen gehe, tue ich mir was Gutes. Ich weiß, was ich ausgeben kann, darauf achte ich.« Martina Dibak, Essen - Bilder: Ulrich von Born
    »Wenn ich einkaufen gehe, tue ich mir was Gutes. Ich weiß, was ich ausgeben kann, darauf achte ich.« Martina Dibak, Essen - Bilder: Ulrich von Born © Ulrich von Born / WAZ

    Trotz aller Hiobsbotschaften: Die Verbraucher haben die Lust am Shoppen (noch) nicht verloren. „Wenn ich einkaufen gehe, tue ich mir was Gutes”, erklärt Martina Dibak, während sie durch die Essener Fußgängerzone schlendert.

    Hetti Oelenberg aus Menden lacht die Krise einfach weg: „Ich gehe gut gelaunt shoppen.” Und Gertraud Difour aus Wuppertal meint: „Was gebraucht wird, wird gekauft. Für uns ist keine Krise. Fertig.” Nur Sasha Bertram, Student, ist skeptisch: „Die richtige Krise kommt doch erst noch.”