Essen/Ansbach. Spezialisten der Polizei haben auf dem Laptop des Ansbacher Amokläufers Georg R. offenbar ein Motiv für seine Taten gefunden. R. selbst ist mittlerweile aus dem Koma erwacht, konnte aber noch nicht verhört werden.

Er hat geschrieben. Seit April dieses Jahres. Immer wieder. 80 Seiten sind es schließlich geworden. Ein Brief an eine Freundin, die es nie gab. Gespeichert auf seinem Laptop hatte der Ansbacher Amokläufer Georg R. ihn, bevor er die Datei letzte Woche löschte. Spezialisten der Polizei haben sie wieder hergestellt. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft ein Motiv.

Monolog an fiktive Freundin

Es ist ein Monolog voller Hass. Auf die Welt im Allgemeinen und die Schule im Speziellen. „Ungerecht behandelt” fühlte R. sich dort und „ausgegrenzt”. Nicht erst seit kurzem, schon seit der 6. Klasse. Seit er verprügelt wurde im Bus zum Gymnasium und niemand ihm half. Deshalb wollte er seine Schule „niederbrennen” und „so viele Menschen wie möglich töten”. Schon auf den ersten Seiten spricht er von Amok. Genau geplant hat er das. Hat aufgeschrieben, welche Waffen er mitnimmt, wo und wann er zuschlagen wird. Und er hat sich daran gehalten. Präzise, ohne Skrupel und in einem T-Shirt, das nach Einschätzung der Ermittler Anklage zu verstehen war. „Made by School” war darauf zu lesen - die Schule hat mich so gemacht.

Mit dem Tod gerechnet

Mit seinem Tod hat er nicht nur gerechnet, er hat ihn sich gewünscht. „Er wollte nicht mehr leben”, sagt Oberstaatsanwältin Gudrun Lehnberger. Auch weil er Angst hatte. Unbegründete Angst. Vor einer schweren Krankheit und davor, beim Abitur durchzufallen. R. war verwirrt. Doch keiner hat es bemerkt. Vielleicht, weil es keine Hinweise gab. Keine Killerspiele, keine Gewaltvideos. Nur den Brief an eine Freundin, die er nie hatte.

Eltern bedauern Tat

Doch von dem hat keiner gewusst. Auch die Eltern nicht, die R. mehrfach von jeglicher Verantwortung für sein Verhalten freispricht. Vater und Mutter R, „sie haben sich noch nicht geäußert”, sagt die Staatsanwaltschaft. Aber auch sie haben geschrieben. Während des Gedenkgottesdienstes am Sonntagabend ist ein Brief von ihnen verlesen worden. Darin bedauern sie die Tat ihres Sohnes, drücken den Opfern ihr Mitgefühl aus und danken Eltern, Schülern und Helfern für „schnelles und couragiertes Handeln”.

R. selbst ist mittlerweile aus seinem künstlichen Koma geholt worden. Für ein Verhör oder die Eröffnung des Haftbefehl ist er aber nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft noch nicht „orientiert” genug.