Wuppertal. Weil die Wuppertaler Schwebebahn stärker rostet als erwartet, ist sie seit Dienstag für Monate stillgelegt. Bereits nach einem Tag merkt man: Wuppertal ohne Schwebebahn ist wie Paris ohne Eiffelturm und Metro gleichzeitig. Der Stadt fehlt jetzt das Besondere...

Die Wuppertaler Schwebebahn am (15.12.09) fährt nicht mehr. Der Rost und die Kälte haben dem Material so sehr zugesetzt das ein sicherer Betrieb nicht mehr zu gewährleisten ist. Bis zum Abschluß der Renovierungsarbeiten werden bis auf weiteres Busse die Wuppertaler Kunden der Verkehrsbetriebe befördert. Wegen Sicherheitsmängeln wurde der Betrieb eingestellt. Bilder : Jakob Studnar - www.fotostudnar.de
Die Wuppertaler Schwebebahn am (15.12.09) fährt nicht mehr. Der Rost und die Kälte haben dem Material so sehr zugesetzt das ein sicherer Betrieb nicht mehr zu gewährleisten ist. Bis zum Abschluß der Renovierungsarbeiten werden bis auf weiteres Busse die Wuppertaler Kunden der Verkehrsbetriebe befördert. Wegen Sicherheitsmängeln wurde der Betrieb eingestellt. Bilder : Jakob Studnar - www.fotostudnar.de © Unbekannt | Unbekannt





Als sie zum ersten Mal fuhr, da gab es Wuppertal noch gar nicht. Da existierten gerade mal die Städte Barmen und Elberfeld und eben dieses enge Tal der Wupper, das schon mächtig industrialisiert war, allerdings keinen Platz mehr bot für modernen Verkehr. So kam das Wuppertal 1903 zu seiner Schwebebahn. Fünf Jahre bauten sie damals an dem ungewöhnlichen Verkehrsmittel. Doch der Bau einer Schwebebahn scheint nichts zu sein gegen die Renovierung derselben: Die nämlich läuft bereits seit dreizehn Jahren und wird vor 2014 nicht beendet sein. Und jetzt hängt die gute, alte Schwebebahn auch noch still.

Holger Stephan, der Sprecher der Wuppertaler Stadtwerke, weiß seit Donnerstag gar nicht, mit wem er zuerst reden soll. Denn seit Ende letzter Woche ein Gutachter diese Warnung aussprach, seit sich die Stadtwerke entschieden haben, ihre Schwebebahn auf Monate in den Depots zu lassen, um die rostenden Gerüstteile auszutauschen, seitdem herrscht bei den Stadtwerken Alarmstimmung. Nicht noch einmal darf auf der Wuppertaler Schwebebahn ein Unglück geschehen wie im April 1999, als wegen eines bei Bauarbeiten auf der Schiene vergessenen Werkzeuges fünf Fahrgäste in den Tod stürzten und 47 sich verletzten.

Seit dem Unfall will man kein Risiko mehr eingehen

„Seit dem Unfall beobachten wir die Strecke mit Argus-Augen, schicken wir regelmäßig Inspektoren darauf und auch externe Gutachter”, erklärt Stephan. Man will keinerlei Risiko mehr eingehen. Tatsächlich kommen die Stadtwerke nicht mit den Bauarbeiten nach. Heißt, die ursprünglich auf acht Jahre geplante Renovierung der Strecke hat sich derart verzögert, dass die über 100 Jahre alten Originalteile der Schwebebahn zusehends wegrosten. „Und gerade bei diesen kalten Temperaturen, wie wir sie in den nächsten Monaten erwarten, können aus kleinen Rissen im Stahl plötzlich große Probleme entstehen”, sagt der Stadtwerke-Sprecher.

Dabei ist schon ein Großteil der Renovierung geschafft. Die Trasse, die vielen Stützen wurden bereits erneuert. Alte Haltestellen abgerissen, durch neue ersetzt. Doch vier der insgesamt 20 Stationen befinden sich noch komplett, inklusive ihrer ersten Trassenstücke, im Originalzustand, darunter der im Jugendstil gehaltene Bahnhof Werther Brücke und die Station in der Nähe des Landgerichtes.

Busse werden dem Ansturm nicht Herr

Am Dienstag also Tag 1 für Wuppertal ohne seine geliebte Schwebebahn. Volle Busse, berstende Schwebebahn-Expresse allenthalben. Wer chaotische Zustände prophezeit hatte, wurde wohl enttäuscht. Aber eng ist's, und manchmal reicht auch eine Verspätung von fünf Minuten aus, um den Anschluss-Bus oder -Zug zu verpassen. „Eine Katastrophe!”, sagt eine junge Frau, die gerade im dichten Pulk aus dem Express steigt, „Wuppertal ist doch völlig abhängig von seiner Schwebebahn”.

85.000 Fahrgäste pro Tag im Drei-Minuten-Takt Das erwartete Chaos indes bleibt aus. Dabei transportiert die Schwebebahn täglich 85.000 Passagiere, zur Zeit noch im Drei-Minuten-Takt. Ab 2014 – wenn sie denn dann komplett renoviert ist – soll es noch schneller, alle zwei Minuten, gehen. 28 bis maximal 30 Minuten braucht man, um mit der Schwebebahn von Oberbarmen nach Vohwinkel, also vom Nordosten in den Südwesten Wuppertals zu gelangen.

Von der Denkmalliste gestrichen

Zehn der 13,3 Kilometer langen Strecke schwebt die Bahn dabei über dem Flussbett der Wupper, die restlichen 3,3 Kilometer über Land. Unvergessen ist Tuffi, der Elefant des Zirkus Althoff, der auf einer Werbefahrt in der Schwebebahn die Nerven verlor und einfach eine Seitenwand durchbrach. Tuffi stürzte in die Wupper, kam jedoch überraschend ohne große Blessuren davon. Fotos davon gibt es jedoch nur wenige, da angeblich alle Foto-Reporter der Stadt neben Tuffi in dem Wagen der Schwebebahn standen und nach dessen Sprung dort Panik ausbrach. Wuppertal ohne seine Schwebebahn, ohne dieses Wahrzeichen der Industrialisierung, ist undenkbar.

Und dennoch muss die Stadt nun vier Monate, bis nach den Osterferien, ohne sie auskommen. Die alte ist sie ohnehin nicht mehr. Weil bei der Renovierung aus Kostengründen nicht mehr die Original-Teile verwendet wurden, weil nur „historisierend” renoviert wird, steht die Wuppertaler Schwebebahn längst nicht mehr auf der Liste der Denkmäler der Stadt.