Mülheim/Bielefeld. Am vierten Tag nach seiner Flucht aus dem Aachener Gefängnis sucht die Polizei den flüchtigen Schwerverbrecher Peter Paul Michalski im Großraum Bielefeld. Hierher stammt der 46-Jährige, doch bislang verlaufen die Spuren im Nichts.

Am Morgen des vierten Tages, es geht auf die hundert Stunden nach seiner Flucht aus dem Knast, suchen sie Peter Paul Michalski in Bielefeld. Seinen Kumpan Michael Heckhoff haben sie in seiner Heimatstadt Mülheim gefasst, warum soll nicht auch Michalski inzwischen zuhause sein? In Bielefeld ist der 46-Jährige aufgewachsen, hier hat er einen Mord begangen, hier wurde er verurteilt, hier soll er noch Verwandte haben: Es gebe „ernstzunehmende Hinweise”, sagt die Polizei und konzentriert ihre Einsätzkräfte in Ostwestfalen.

Als diese Nachrichten durchdringen, hört man Mülheim erleichtert aufseufzen: „Wir sind ihn los.” Dabei ließ Peter Paul Michalski eine Menge Verängstigung zurück und ein Beweismittel: In einem der drei Hochhäuser am Hauptbahnhof, die über dem Einkaufszentrum „Forum” wie drei Stachel in der Innenstadt stecken, finden die Einsatzkräfte eine Tasche.

Tasche mit schmutziger Wäsche

Kleidung zum Wechseln soll darin gewesen sein, schmutzige Unterwäsche von Michalski, heißt es auch, woher wissen die Ermittler das?, fragen sich die Leute bang, die haben doch kaum einen DNA-Schnelltest gemacht!? Von Heckhoff, sagt die Polizei später, „nach Hinweisen aus der Vernehmung”. Der Komplize selbst also muss gesungen haben, jener Mülheimer, der zusammen mit Michalski auf der Flucht war: bis er Sonntagmorgen dem Einsatzkommando in die Falle ging. Was er sonst noch ausgesagt hat, außer, dass man eine Weile im Hochhaus war, verrät die Polizei nicht.

Es gibt Bilder aus der Nacht: vermummte Beamte, die mit Waffen im Anschlag die Stufen im Sturm nehmen. Früher nannten sie es „Iduna”-Hochhaus, weil es eine entsprechende Werbung trug, später war es „die Augenklinik”, jetzt sind vor allem Wohnungen geblieben, die Flure videoüberwacht, die Etagen extra gesichert mit gläsernen Türen. Wie mögen die Ausbrecher hier hineingekommen sein? Ach, die Leute, sagt ein Hausmeister, als das SEK weg ist und nur die Aufregung geblieben: „Ich sage ihnen immer, sie sollen die Tür zuziehen, aber dann steht der Wind dagegen, und sie ist doch wieder nur angelehnt.”

Wieder hinaus kommt man aber natürlich immer, dies ist kein Gefängnis, und in Aachen scheinen Heckhoff und Michalski ja einen Türöffner gehabt zu haben. Dem ZDF erklärt die Leiterin der dortigen JVA, Reina Blikslager (früher Dortmund), am Montag, sie habe „absolut kein Verständnis” für das „hochkriminelle Verhalten” eines ihrer Angestellten. Der 40-jährige Wachmann sei möglicherweise erpresst oder bestochen worden. Er sitzt wegen des Verdachts der „Gefangenenbefreiung” seit Freitag in U-Haft.

Der erste Zug geht um zwanzig vor drei

Anders als er läuft Michalski am Montag immer noch frei herum – wirklich in Bielefeld?

In Mülheim hat die Polizei ihre Straßensperren schon am späten Sonntagabend abgeräumt, möglich also, dass sich in den Morgenstunden eine Lücke fand, um aus dem Haus auf den Bahnsteig zu schlüpfen; es wäre ein Katzensprung. Es gibt eine direkte Verbindung mit einem ICE um 2:40 Uhr, keine anderthalb Stunden braucht der bis nach Bielefeld. Der erste Regionalzug fährt durchgehend erst um zwanzig nach sieben – da wird es schon hell.

Just um diese Zeit sickert durch, dass die Polizei jetzt im Westfälischen sucht. Das ganze Wochenende schon hat sie dort und in der Umgebung Wohnungen beobachtet, Kontaktpersonen observiert, heißt es. Bloß kann der gebürtige Herforder viel Kontakt nicht mehr gehabt haben; er saß ja schon seit mehr als 20 Jahren in Haft, fast sein ganzes Erwachsenenleben. „Stern.de” treibt am Montag einen ehemaligen Mithäftling auf, der sich an Michalski so erinnert: „Er hat immer gesagt: Ich muss raus.” Allerdings sei er ein „unscheinbares Kerlchen”.

Das finden die Fahnder nicht. „Nach wie vor gefährlich”, sei der Mann, an den sie inzwischen via TV appelliert haben: „Herr Michalski, geben Sie auf.” In Essen-Werden, wo die beiden Ausbrecher am Samstag ein Ehepaar in ihre Gewalt gebracht hatten, sollen sie tatsächlich ferngesehen haben. Ob der 46-Jährige, nun allein unterwegs, das nun wieder kann, ist offen. Die Polizei weitet den Einsatz in Bielefeld aus, überprüft Auto- und Bahnfahrer, sucht aber auch überall anderswo im Bundesgebiet. Kurz ist die Rede von einer Spur, die Hunde aufgenommen haben, aber auch sie führt zu – nichts. Es gibt immer noch Hinweise aus Essen und aus Mülheim. Unbestätigt bleibt, dass es genau so viele sind wie die aus Bielefeld.