NRW-Verfassungsschutz beobachtet „aggressivere Grundstimmung” zwischen Türken und Kurden in Deutschland. Ausschreitungen bei Demonstrationen am Wochenende. Grünen-Politiker Cem Özdemir fragt sich, ob deutsche Sicherheitsbehörden „bewusst wegschauen”.
In Deutschland spitzt sich der Konflikt zwischen hier lebenden Türken und Kurden zu. „Aufgrund der Ereignisse in der Türkei beobachtet der Verfassungsschutz auch hier eine aggressivere Grundstimmung”, erklärte heute eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums in Düsseldorf. Hinweise auf geplante Gewaltaktionen gebe es bislang zwar weder von kurdischer Seite noch von der der türkischen Nationalisten. Doch seit sich auch in Deutschland die Demonstrationen häuften, nehme der Verfassungsschutz das Problem „sehr ernst”.
Ausschreitungen in Berlin und Köln
Bundesweit hatten am Wochenende türkische Gruppen zu Demonstrationen aufgerufen. In Berlin kam es nach einer Kundgebung gegen die verbotene kurdische Partei PKK zu Ausschreitungen vor einem kurdischen Kulturzentrum. 18 Polizeibeamte wurden verletzt, 15 Demonstranten festgenommen. Bei einem ähnlichen Vorfall in Köln wurde ein kurdischer Demonstrant in Gewahrsam genommen. In Duisburg, Dortmund, Wuppertal und Krefeld demonstrierten türkische Nationalisten überwiegend friedlich. In Duisburg-Marxloh verhinderte die Polizei, dass Türken und kurdische Sympathisanten aufeinander stießen. Die Demonstration war nicht angemeldet, die Veranstalter hatten laut Polizei per sms zur Teilnahme aufgerufen.
Millionen aus Deutschland für den Krieg
Die kurdische Arbeiterpartei PKK, die derzeit in der türkisch-irakischen Grenzregion den Guerillakrieg verstärkt hat, ist in Deutschland seit 1993 verboten. Ihre Nachfolgeorganisation „Kongra Gel” soll aber laut Verfassungsschutz in Deutschland etwa 11 500 Anhänger haben. Jedes Jahr sammle die Kongra Gel in Deutschland mehrere Millionen Euro an Spenden, erklärte der Verfassungsschutz im März dieses Jahres. Das Geld sei unter anderem für den Guerillakrieg in der Türkei bestimmt.
Vor diesem Hintergrund sagte der türkischstämmige Grüne Europa-Abgeordnete Cem Özdemir zu „Spiegel Online”, es gebe kein effektives Verbot der PKK in Deutschland. „Es ist offen bekannt, dass die PKK in Deutschland agitiert und rekrutiert.” Für ihn stelle sich die Frage, ob die Behörden „aus irgendeinem Grund bewusst wegschauen – oder wegschauen sollen.” Er forderte die Bundesrepublik auf, Flagge zu zeigen. „Jeder, der es mit den Kurden gut meint, darf bei der PKK nicht wegschauen.”