Mülheim. Die Mülheimer Stadtmeisterschaft im Hallenfußball musste abgebrochen werden. Deutsche Hooligans sowie Anhänger und Spieler eines türkischen Vereins prügelten sich auf dem Spielfeld.

Es sollte ein Fußball-Fest werden, es wurde ein gewaltiger Eklat: Die 35. Stadtmeisterschaft im Hallenfußball in Mülheim endete in einem Chaos aus Provokationen und Prügeleien. Erstmals wurden die Titelkämpfe abgebrochen. „Die Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet”, erklärte Jochen Guß, der Vorsitzende des veranstaltenden Verbandes Mülheimer Fußball-Vereine, den rund 1600 Zuschauern am Samstagabend in der Rhein-Ruhr-Sporthalle. Es gab stumme Zustimmung und pfeifende Ablehnung – vor allem aber gab es nur Verlierer.

Denn zu diesem Zeitpunkt stand der Sport längst im Abseits; besiegt von einem grölenden und pöbelnden Mob. Die traurige Bilanz: Ein türkischer Spieler von Galatasaray Mülheim erlitt nach einem Faustschlag eine leichte Gehirnerschütterung und Schädelprellung, er wurde im Krankenhaus ambulant behandelt. Ein weiterer Spieler von Galatasaray zog sich Verletzungen im Gesicht zu, zudem wurde ein Zuschauer leicht verletzt.

Im ersten Halbfinal-Spiel eskaliert die Stadtmeisterschaft

Die Stadmeisterschaft eskalierte im ersten Halbfinal-Spiel zwischen dem A-Kreisligisten SV Rot-Weiß Mülheim und dem Landesligisten Galatasaray. Die Atmosphäre war bereits vergiftet, als nach einer Gelben Karte gegen Galatasaray beim Stand von 2:2 die zum Teil nationalistisch geprägte aggressive Stimmung in Hass und Gewalt umschlug.

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© Andreas Köhring

Aufgebrachte Anhänger von Galatasaray stürmten aufs Feld, wurden von Ordnern dann in ihren Block zurückgedrängt. Auf der anderen Seite, im Block des Oberligisten VfB Speldorf, fachten der Polizei als gewaltbereit bekannte Anhänger vor allem aus Essen und Velbert, die offenbar in Mülheim für Stunk sorgen wollten, die Stimmung weiter an; auch mit Gesängen wie „Steht auf, wenn ihr Deutsche seid”. Es flogen Pappbecher, auch Spieler und Trainer von Galatasaray ließen sich von besonnenen Teamkollegen kaum beruhigen.

Das Spiel wurde abgebrochen, die Spieler von Galatasaray gingen Richtung Umkleide – und direkt vor dem Speldorf-Block flogen die Fäuste. Türkische Anhänger stürmten hinzu, verwickelt in die Massenschlägerei mit rund 50 Beteiligten waren neben den deutschen „Hooligans” auch Spieler und Offizielle von Galatasaray – einige völlig in Rage; andere, um die Kollegen zu schützen. Die Polizei, bis dahin mit 14 Beamten vor Ort, zehn Kräfte eines Sicherheitsdienstes und weitere Ordner hatten die Lage nach rund zwei Minuten wieder im Griff.

Und die Vernünftigen in der Halle standen unter Schock

Derweil rückte die Polizei mit 16 weiteren Kräften an. „Problemfans” aus dem Speldorf-Block wurden zum Bahnhof begleitet, erst dann wurde das Ende der Stadtmeisterschaft, das der Veranstalter in Absprache mit Polizei und Ordnungsamt längst beschlossen hatte, offiziell verkündet. So blieb eine Konfrontation vor der Halle aus, so gab es keine weiteren Zwischenfälle. Bereits vor dem Turnierbeginn hatte die Polizei fünf alkoholisierten Speldorf-Anhängern „präventiv” Platzverweise erteilt. Rund 20 weitere Mitglieder eines Speldorfer Fan-Clubs kamen deshalb ebenfalls nicht in die Halle.

Stattdessen aber fanden sich etwa zehn der Polizei als „Problemfans” bekannte Anhänger aus Velbert und Essen ein. „Es liegt nahe, dass es denen nicht um den Fußball in Mülheim geht”, sagte Polizei-Sprecher Ulrich Faßbender.

Kein stadtspezifisches Problem

Die Gewalt im unterklassigen Fußball – kein stadtspezifisches Problem, sagte auch Mülheims Sportdezernent Wilfried Cleven: Die unteren Ligen würden immer mehr zur „Zielscheibe” von Randalierern.

Schockiert reagierte auch Enver Sen, Vorsitzender des Integrationsbeirates: „Wir waren auf einem guten Weg, gerade in Mülheim hat der Sport für die Integration eine große Bedeutung.” Sen ist sich sicher, dass das Verhältnis zwischen Türken und Deutschen in Mülheim weiterhin gut sei.

Wie geht es weiter? Die Schuldfrage wird wohl nie ganz zu klären sein; manche wollen Galatasaray für immer ausschließen, andere Speldorf – oder gleich beide Vereine. Der Chef des Mülheimer Sportbundes, Heinz Moseler, sagt dazu: „Einige Tage die Emotionen sacken lassen und dann mit kühlem Kopf sich zusammensetzen.”

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