Bottrop. Jörg Becker kocht für seine Gäste in deren eigener Küche. Ob sie nun ein Candellight-Dinner für zwei oder eine große Geburtagsparty bestellt haben

Um 17.30 Uhr steht Jörg Becker – bepackt mit Töpfen, Pfannen, Geschirr und anderen Küchenutensilien – bei seinen Kunden vor der Tür. Die wollen pünktlich um 19.30 Uhr essen, und dafür ist heute ausnahmsweise der Kirchhellener Mietkoch zuständig. „Zwei Stunden Vorbereitunsgzeit kalkuliere ich ein, weil ich mich auch an die Küche gewöhnen muss.” Jörg Becker kommt nämlich zu seinen Kunden und kocht in deren Küche das gewünschte Menü.

„Es ist spannend, welche Küche mich erwartet.” Das Spektrum reiche von der vollausgestatten Profiküche bis zur engen Kammer. Er könne mittlerweile sogar erkennen, ob die Küche häufig benutzt werde und was dort gekocht werde. „Es gibt Küchen, die sind vollgestopft mit Dekomaterial und Designgeräten, die total unpraktisch sind”, urteilt der 34-Jährige. Das sei ein eindeutiges Zeichen, dass hier nicht häufig gekocht werde. „Und wenn nur ein angebrochenes Discounter-Öl in der Küche steht, spricht das dafür, dass hier Hausmannskost auf den Tisch kommt.”

Damit keine Missverständnisse aufkommen: An diesen privaten Zutaten vergreift sich der Mietkoch nicht. In seinen zahlreichen Kisten hat er alles Notwendige für das vorher abgesprochene Menü frisch dabei. Egal ob ein romantisches Dinner bei Kerzenschein oder die große Geburtstagsgesellschaft – Jörg Becker bereitet sich gewissenhaft auf seine Einsätze vor. Oft seien dafür mehrere Telefonate oder E-Mails nötig. „Es fällt den Kunden nicht leicht, sich zu entscheiden. Häufig höre ich Aussagen wie ,irgendwas Mediterranes'. Daran kann ich mich grob orientieren und erarbeite dann zusammen mit den Kunden das Menü.” Schließlich soll es ja auch allen Gästen schmecken und selbst Allergiker sollen beruhigt schlemmen. Das, behauptet Becker, habe bisher immer geklappt. „Klar: Ich hab' auch schon mal das Fleisch zu stark durch gebraten, aber sowas fällt niemandem auf.” Es sei eben etwas anderes, ob der Profikoch etwas „versemmelt” oder der Laie, sagt er selbstbewusst. „Ich würze auch lieber fünfmal nach, als einmal zu stark.”

Tipps wie diese holen sich seine Kunden gern direkt in der Küche ab. Überhaupt schauen sie dem Mietkoch immer wieder über die Schulter. „Anfangs ist das tatsächlich so, dass sie fast jede Minute in die Küche kommen. Es dauert eben, bis sie sich an meine Anwesenheit gewöhnt haben.” Vielen Kunden falle es auch schwer, sich in den eigenen vier Wänden bedienen zu lassen. „Die haben dann schon den Tisch gedeckt, wenn ich komme oder räumen das schmutzige Geschirr ab, obwohl das alles zu meinem Service gehört.”

Erklären kann sich Becker dieses „typische zu-Hause-Verhalten” nicht. „Im Restaurant käme ja auch niemand auf die Idee, selbst zu kellnern.” Teilweise helfen seine Kunden sogar in der Küche. Letztens erst auf einem Junggesellinenabschied in Düsseldorf: „Da hat die Braut auf eigenen Wunsch mit in der Küche gestanden, Gemüse geschnippelt und beim Anrichten geholfen. Das war 'ne lustige Veranstaltung.” Nur das Aufräumen übernimmt Becker immer selbst. „Es gibt zwar auch Kunden, die sagen, ich sollte alles stehen lassen, aber das kommt nicht in Frage.” Bewaffnet mit Scheuerschwamm und Desinfektionsmittel beseitigt er alle Spuren. „Meine Utensilien spüle ich meist nur unter klarem Wasser ab, werfe sie in meine Kisten und reinige sie dann ganz in Ruhe zu Hause.”

Was erwarten Gäste von einem Mietkoch? „Ich glaube, einige haben im Hinterkopf tatsächlich das perfekte Dinner. Aber viele wollen sich auch überraschen lassen.” Mittlerweile hat Becker sogar Stammgäste, die er zu jeder Feier besucht. „Da weiß ich: Kartoffelgratin ist ein Muss.”