In großen Anzeigen forderte Chemiekonzern von der EU-Kommission die Anbaugenehmigung für die Gen-Kartoffel.Knolle soll Vorteile bei der industriellen Verarbeitung von Stärke bringen. Greenpeace sieht Gefahren

Der Chemieriese BASF verliert langsam die Geduld mit der EU-Kommission. Es geht um das Schicksal der genveränderten Stärkekartoffel Amflora. Eigentlich sollte sie bereits seit März auf europäischen Feldern wachsen und zu Industriestärke verarbeitet werden, doch die Ampel steht weiterhin auf Rot.

Im vergangenen Juli konnten sich die EU-Agrarminister nicht auf eine Anbauerlaubnis einigen, seitdem liegt die Entscheidung bei der EU-Kommission. In einem offenen Brief hat die BASF der EU-Kommission nun ungerechtfertigte Verzögerung vorgeworfen und droht mit rechtlichen Schritten.

Amfloras Stärke ist ausschließlich für die Industrie gedacht: Industriestärke wird zur Herstellung und Glättung von Papier verwendet, sie bindet Produkte von Spritzbeton bis Zahnpasta, macht Kunststoffe stark, Garn reißfest und ist Bestandteil von Kleber und Waschmitteln. Amflora ist nach BASF Angaben die Ideallösung für nachwachsende Industriestärke. Sie ist genetisch so verändert, dass sie nur den für die Industriestärke brauchbaren Stoff Amylopektin enthält, das Gen für die in der Produktion störende Amylose, den geleeartigen Bestandteil der Stärke, haben die Forscher ausgeschaltet. "Die Kartoffel hat die größten Stärkekörner und liefert hohe Erträge pro Hektar", betont Ralf-Michael Schmidt, Vizepräsident der BASF-Tochter Plant Science.

Gegen die Knolle spricht, dass sie zwar hohe Erträge liefert, aber einen vergleichsweise geringen Stärkeanteil hat, der bei Weizen oder Mais mehr als dreimal so hoch ist. Außerdem fällt bei der Stärkeproduktion aus Kartoffeln eine große Menge Abwasser an, das gereinigt werden muss.

Warum es dennoch die Kartoffel sein muss, dahinter sieht der Gentechnik-Experte Christoph Then von Greenpeace eine andere Motivation: "Für die gentechnisch veränderte Stärkekartoffel gibt es keinen Bedarf. Es geht um politische und marktstrategische Überlegungen: Mit Amflora soll der Eindruck erweckt werden, dass der Markt der nachwachsenden Rohstoffe jetzt mit Gentechnik erschlossen werden kann."

Greenpeace kritisiert außerdem, die BASF-Kartoffel sei technisch nicht sauber. Then: "Bei der Genmanipulation ist etwas schief gelaufen, in der Kartoffel sind Stoffe gefunden worden, über deren biologische Bedeutung noch nichts bekannt ist. Auch könnten sich durch Umwelteinflüsse neue ungewollte Stoffe in der Kartoffel bilden - Amflora ist wie ein Auto ohne Bremsen."

Auch wenn Kennzeichnung und Vertragsanbau sowie Auflagen, dass Amflora-Felder im folgenden Jahr nicht mit Esskartoffeln bepflanzt werden dürfen, sicherstellen sollen, dass Amflora nicht als Nahrungsmittel verwendet wird, so muss die Knolle doch für Mensch und Tier sicher sein. Das hat zwar die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt, doch will die EU-Kommission auch kritischere Studien, wie die des französischen Pasteur-Instituts zu einer möglichen Antibiotika-Resistenz der Genkartoffel berücksichtigen.

Nach einem Startschuß der EU-Kommission könne es mit dem kommerziellen Anbau von Amflora sofort losgehen, so Ralf-Michael Schmidt von der BASF: "Fabriken stehen bereits, und unmittelbar nach der Ernte kann die Stärke in die industrielle Produktion einfließen."

Soweit ist es noch nicht. Die nächste Anbausaison beginnt im Februar 2009.