Essen. In Berlin wurde das Internationale Jahr der Astronomie 2009 eingeläutet: „Das Weltall, Du lebst darin – entdecke es!” - Galileo Galileis Projekt, unsere Position im Universum neu zu bestimmen, ist bis heute nicht abgeschlossen.
Dass ausgerechnet 2009 von den Vereinten Nationen zum Jahr der Astronomie ausgerufen wurde, ist kein Zufall. Denn vor 400 Jahren machte ein Professor in Padua namens Galileo Galilei am Himmel Entdeckungen, die das damalige Weltgefüge aus den Angeln hoben.
In 136 Ländern veranstalten aus diesem Anlass Planetarien, Institute und Sternwarten Vorlesungen, Ausstellungen und Aktionen. Die Himmelsforscher hoffen, die Menschen wieder mehr für ihre Wissenschaft begeistern zu können. Es werden Beobachtungsnächte angeboten, Kinder sollen durch Fernrohre schauen, an Schulen werden Teleskope verteilt, mit deren Hilfe man Galileos Erlebnis nachempfinden kann. „Ziel ist es, dass alle Menschen auf der Welt sich einmal Gedanken um das Universum machen”, sagt Prof. Susanne Hüttemeister, Leiterin des Planetariums Bochum.
Der Holländer Jan Lippershey hatte 1608 aus ein paar Linsen das erste Fernrohr zusammen geschraubt. Galilei erfuhr von der Erfindung, baute das Gerät nach und erreichte bald eine sechs- bis achtfache Vergrößerung. Das neue Instrument versprach vor allem militärischen Nutzen, was Zeitgenossen sofort einleuchtete: Man sah den Feind früher kommen. Galilei aber hob es in den Himmel.
Die Folge war eine astronomische und weltanschauliche Revolution. Er stellte fest, dass der Mond wie die Erde von Bergen, Kratern und Tälern bedeckt ist. Er entdeckte, dass die Venus wie der Mond verschiedene Phasen besitzt. Das sprach dafür, dass die Venus von der Erde aus gesehen bald vor, bald hinter der Sonne steht – also um die Sonne rotiert. Das passte gar nicht ins herrschende Weltbild des Ptolomäus, wonach die Erde der Mittelpunkt des Universums ist. Damit nicht genug: Galilei sah, dass Jupiter von vier Monden umkreist wird – dabei sollte sich doch alles um die Erde drehen. Außerdem erkannte er, dass die Milchstraße kein nebliges Gebilde ist, sondern aus unzähligen einzelnen Sonnen besteht.
Der Himmel verlor seine göttliche Aura. Die scheinbar gottgegebene Ordnung geriet ins Wanken, was durch weitere Entdeckungen verstärkt wurde. Mit besseren Teleskopen entdeckte man später, dass auch die Sonne nicht den Mittelpunkt der Welt markiert, sondern sie nur einer von milliarden Sternen am Firmament ist. Und auch die Milchstraße ist, wie man heute weiß, nur eine von zahllosen Galaxien. Heute diskutieren Experten über Modelle, die von unzähligen Universen ausgehen, die wie Blasen eines Weltenschaums in der Ewigkeit schweben.
Das vor 400 Jahren gestartete Programm, unsere Position im Universum neu zu bestimmen, ist also bis heute nicht vollendet. Mit der weltgrößten Forschungsmaschine, dem Teilchenbeschleuniger CERN in Genf, versuchen Forscher, den Ursprung der Welt und ihre Zusammensetzung zu entschlüsseln. Denn bislang kennen wir nur rund fünf Prozent der Materie, aus der das Universum besteht. Der Rest ist „dunkle”, also unsichtbare Materie und Energie. Was das genau ist, weiß niemand. Seit Galilei haben wir zwar grandiose Fortschritte in der Astronomie gemacht, doch beruht unser Modell immer noch zu 95 Prozent auf Unbekanntem.
Zahlreiche Planeten in der Milchstraße umkreisen wie die Erde ihre Sonne, einen Heimatstern
Etwas Licht in dieses Erkenntnisdunkel soll der Doppelstart der europäischen Sonden Planck und Herschel im Frühjahr bringen – ein Höhepunkt der Weltraumforschung 2009. Planck soll sich auf die Suche nach dem „ältesten Licht” im Kosmos machen. Diese Strahlung entstand nur 300 000 Jahre nach dem Urknall und enthält viele Informationen über die Verteilung der Materie und der Entstehung von Galaxien am Anbeginn der Zeiten.
Herschel hat eine ähnliche Aufgabe. Das Weltraumteleskop spürt Wärmestrahlung auf, die aus dem All zu uns kommt. So wollen Astronomen die Entstehung und Entwicklung von weit entfernten, jungen Galaxien beobachten, die sich innerhalb der ersten Milliarde Jahre nach dem Urknall gebildet haben. Dies ist nur im Bereich der Wärmestrahlung zu sehen und nicht mit „normalen” Teleskopen.
In den vergangenen Jahren entdeckten Astronomen in der Milchstraße zahlreiche Planeten, die, wie die Erde ihre Sonne, einen Heimatstern umkreisen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eines Tages eine „zweite Erde” entdeckt wird, die womöglich ähnlich lebensfreundliche Bedingungen bietet. Damit würde die Menschheit erneut ihrer Einzigartigkeit beraubt. Sie müsste begreifen, was sie jetzt schon erkennen könnte: Dass wir eine kleine blaue Kugel irgendwo im Nirgendwo bewohnen, die um eine beliebige Sonne in der endlosen Milchstraße kurvt – und daran nicht zu verzweifeln, sondern Kraft zur Verantwortung zu gewinnen.
Planeten in der Riesentonne - Spektakuläre Ausstellungen und Aktionen in der Region