Rom/Duisburg. Der mutmaßliche Mafioso, der für das Massaker von Duisburg verantwortlich sein soll, schwört in einem Interview, nichts mit den Taten zu tun zu haben. Gleichzeitig ging sein Schwager, der Clan-Chef, gestern der Polizei ins Netz

Wurde gestern festgenommen: Paolo Nirta. (Foto: afp)
Wurde gestern festgenommen: Paolo Nirta. (Foto: afp) © AFP

Gut eine Woche vor dem Jahrestag des Duisburger Mafiamassakers mit sechs Toten gibt es gleich zwei bedeutende Neuigkeiten aus Italien: eine wichtige Festnahme in San Luca in Kalabrien und ein überraschendes Interview des als Killer gesuchten Giovanni Strangio (29).

"Vor Gott, der ganzen Welt und den Hinterbliebenen der Opfer" schwöre er, mit dem Massaker nichts zu tun zu haben, behauptet der steckbrieflich Gesuchte in der am Freitag erscheinenden Mailänder Zeitschrift Panorama. Giovanni Strangio war Pizzawirt in Kaarst, ist seit der Duisburger Bluttat am 15. August 2007 unauffindbar.

Unschuldsbekenntnis

Auf sein Unschuldsbekenntnis kontert der zuständige Staatsanwalt Nicola Gratteri in Reggio Calabria: "Strangio ist der Autor des Duisburger Massakers.Wegen des Berges an Vorwürfen gegen ihn, entzieht er sich der Festnahme."

Giovanni Strangio ist Schwager von Paolo Nirta (31) - und jener ging der italienischen Polizei Donnerstagfrüh in San Luca ins Netz. Ein Bein hatte der Flüchtende schon übers Balkongeländer geschwungen. In dem Moment knackten Karabinieri die Wohnungstür und schafften es, den Mann doch noch zu fassen. Er wurde gleich danach per Hubschrauber nach Reggio Calabria ins Gefängnis gebracht.

Nicht direkt tatverdächtig

Nirta gilt als derzeitiger Chef des Clans Nirta-Strangio, der im Zuge einer Blutsfehde am 15. August 2007 sechs Italiener vom Gegenclan Pelle-Vottari vor dem Duisburger Pizzalokal Da Bruno erschießen ließ. Direkt tatverdächtig für das Massaker in Deutschland sei der Festgenommene aber nicht, erklärte Staatsanwalt Gratteri. Dieser Nirta habe aber, so die Polizei, die Clanbefehle gegeben, seit sein Vater und auch sein Bruder sich in Haft befänden.

100 Karabinieri hatten das Haus mitten im historischen Kern des Städtchens im Morgengrauen umstellt gehabt. In der Wohnung des Festgenommenen fanden sie, wie sie oft in San Luca, im Fußboden eine Luke mit Treppenabstieg, die über einen unterirdischen Gang ins Freie führte. Warum Paolo Nirta diese Fluchtmöglichkeit nicht nutzte, ist unklar. Vorsorglich wurden auch zwei Tanten von Paolo Nirta festgenommen, die den Untergetauchten offenbar versorgt hatten.

Festnahme-Erfolge

Zahlreiche Festnahme-Erfolge hat die italienische Polizei seit dem Sechsermord in Duisburg in Kalabrien zu verzeichnen. Derzeit laufen in Reggio Calabria Vorverhandlungen für rund 60 inhaftierte Verdächtige, von denen die meisten am 30. August 2007 in San Luca festgenommen worden waren. Sie gehören beiden Rivalenclans an, darunter auch Frauen und Verwandte der in Duisburg getöteten Italiener. Die Duisburger Taten werden noch nicht verhandelt. Im Wesentlichen geht es vielmehr um ein Fehde- Massaker des Clans Pelle-Vottari in San Luca am Weihnachtstag 2006, bei dem auch eine Frau getötet wurde. Die Duisburger Bluttat gilt als Antwort des Gegenclans Nirta-Strangio darauf.

Den Interviewbehauptungen von Strangio, die Fehde sei nur eine "Erfindung von Journalisten und Juristen" und er gehöre der kalabresischen Mafia nicht an, wird in Süditalien kein Glauben geschenkt.