Oberhausen. Peter Carp hat die Intendanz des Theaters Oberhausen in schwierigsten Zeiten übernommen. Sein Start in der vergangenen Woche wurde jubelnd gefeiert – nur wenige Tage zuvor war eine Haushaltssperre verhängt worden.
Ihre ersten Premieren sind vorüber. Sind Sie zufrieden?
Carp: Es wäre undankbar und ungerecht, wenn ich nicht zufrieden wäre. Wir hatten drei fulminante Premieren und das Ensemble hat Großartiges geleistet. Ich bin den Regisseuren zutiefst dankbar, dass es ihnen gelungen ist, das Ensemble so homogen und leistungsstark zusammen zu führen. Zu Recht ist es mit Beifall überschüttet worden.
Sie sind in schwieriger Zeit angetreten. Ihr Vorgänger war zuletzt wenig erfolgreich und jetzt wurde auch noch eine Haushaltssperre über die Stadt verhängt. Wie gehen Sie damit um?
Carp: Als ich meinen Vertrag unterschrieben habe, wusste ich noch nicht, dass dieser Neuanfang wohl die letzte Chance für das Theater ist. Uns wird immer wieder gesagt, wenn ihr das nicht hinkriegt, wird dichtgemacht.
Wie war denn zuletzt die Auslastung?
Carp: Auslastungszahlen sind letztlich nicht aussagekräftig. Darum geht es aber auch nicht, sondern wir müssen die Attraktivität des Theaters lokal und überregional erhöhen.
Und die Haushaltssperre?
Carp: Wenn eine Stadt überall sparen muss, kann das Theater nicht ausgenommen werden. Durch die Auflagen haben wir allerdings eine vollkommen veränderte Situation. Ich kann momentan wirklich nicht abschätzen, wie lange wir hier noch Theater machen können. Man hat sich 2007 im Wissen um die desolate finanzielle Situation der Stadt für einen neuen Intendanten und einen Neuanfang im Theater entschieden. Jetzt erwarte ich, dass unser Neuanfang wahrgenommen wird – auch in der Staatskanzlei in Düsseldorf.
Hätten Sie den Vertrag nicht unterschrieben, wenn Sie das alles vorher gewusst hätten?
Carp: Antworten im Konjunktiv sind immer schwierig. Heute kenne ich das Theater, das Ensemble und die Stadt und habe nicht nur eine professionelle, sondern auch eine emotionale Bindung an diesen Ort. Deshalb ist es mir nicht vorstellbar, wie ich mich verhalten würde ohne diese Erfahrung und ohne diese Bindung. Nach den Monaten der Vorbereitung und der sehr erfolgreichen Saisoneröffnung kann ich ja schlecht aus mir herausspringen und alles unbeteiligt von außen sehen.
Neben diesem großen Problem gibt es auch andere. Gerade im Ruhrgebiet wissen viele nicht, dass Theater ein persönlicher Gewinn ist. Wie kriegt man die?
Carp: Komplett alle wird man nie kriegen. Aber wenn man Theater macht, das ästhetisch auf der Höhe der Zeit ist – in der Erzählweise, der Spielweise – wenn man kein Experten-Theater macht: Dann hat man eine Chance. Niemand soll denken, man brauchte Abitur, um Theater zu verstehen. Das ist die große Kunst des Theaters, dass es Hochschullehrer ebenso wie Menschen mit Hauptschulabschluss erreichen und begeistern kann.
Durch den Intendanten-Wechsel ist Oberhausen nicht am Projekt Odyssee der Kulturhauptstadt beteiligt.
Carp: Doch!
Wie das? Es waren Bochum, Essen, Dortmund, Moers und Mülheim . . .
Carp: Kaum hatte ich meinen Vertrag, da habe ich mit den Kollegen gesprochen. Da muss Oberhausen dabei sein! Wir haben schon einen Autor, Enda Walsh, der unter anderem „Disco Pigs“ und „New Electric Ballroom” geschrieben hat, er wird das Thema Penelope behandeln. Es ist ein tolles Projekt, das die Theater auch zu mehr Kooperation bringen kann. Zu gegenseitiger freundschaftlicher, kritischer Wahrnehmung. Und dazu, sich vielleicht künftig mehr abzusprechen. Es hat ja keinen Sinn, wenn alle das gleiche machen.
Ist es wahr, dass die Ruhrgebiets-Theater nur in der eigenen Stadt werben können?
Carp: Ja, es gibt da ein Abkommen, hat man mir gesagt, vielleicht ein unausgesprochenes. Ich habe die Kollegen in Moers, Essen und Mülheim gebeten, dass ich am Anfang dort plakatieren darf, damit das Haus wieder mehr ins Bewusstsein rückt, und freundlicherweise haben sie das auch gestattet.
Sie haben ein Ruhrgebiets-Abo angeregt. Eine gute Idee.
Carp: Ich dachte, das gäbe es längst. Ich könnte mir vorstellen, dass man ein Abo macht mit zwei Aufführungen aus Oberhausen, zwei aus Essen und aus Bochum und Mülheim . . . und vielleicht einem Konzert oder Century of Song bei der Ruhr Triennale.
Haben Sie weitere Pläne?
Carp: Ich möchte einen Stadtrundgang anbieten mit Christoph Schlingensief, er kommt ja aus Oberhausen. Wir sind im Gespräch.