Herne. Begeisternde Konzerte gab es bei den Herner Tagen für Alte Musik. Lieder aus dem amerikanischen Bürgerkrieg und der Auftritt von „La Venexiana” bildeten einen Höhepunkt der Festivalgeschichte.

Jedes Jahr überfällt die Musikliebhaber im Ruhrgebiet so etwas wie Wehmut. Wenn die „Tage alter Musik in Herne” vorbei sind, geht auch das Jahr unaufhaltsam seinem Ende entgegen. Nun war es wieder soweit: In zehn Konzerten konnte man eintauchen in die Welt der Alten Musik, die in Herne immer wieder bemerkenswert frisch daherkommt.

„Öffentlich und Privat” lautete der Gegensatz, den WDR-Festivalchef Richard Lorber zum weiträumigen Motto gemacht hatte. Das Festival begann gleich mit einem Höhepunkt. Hochzeits- und Trauermusiken des 17. Jahrhunderts widmete sich, virtuos und sensibel, das „Elbipolis-Barockorchester”. Trotz Indisposition fand die Sopranistin Yeree Suh hier zu berückend zarten Töne.

Thema "Öffentlich und Privat"

Als herber, unzugänglicher stellte sich die Musik von Salomone Rossi heraus, die Roberto Festa mit dem Ensemble Daedalus in der Herner Kreuzkirche präsentierte. Rossi versuchte, die musikalischen Welten der jüdischen und christlichen Renaissance zueinander zu bringen – was damals zum Teil Bestürzung hervorrief. Rossi: Eine typische Herner Entdeckung.

„Öffentlich und Privat”: Dieses Thema hatte viele Fassetten. In Herne spielte das Ensemble Bell'Arte Salzburg Repräsentativ-Geistliches. Christoph Spering kam mit seinem „Neuen Orchester”, um sich Händels Oratorium „Theodora” zu widmen.

Mit Freuden erwartet wurde die Tanzmusik für Redoutensaal und Wirtshaus, die das „L'Orfeo Barockorchester” im Gepäck hatte. Allein das Konzert unter der Leitung von Michi Gaigg erwies sich als nicht wenig enttäuschend. Mit bestürzend schlechter Intonation schrappten sich die Musiker durch die ansonsten so eleganten Walzer. Wiener Schmäh: adé.

Reicher Schatz der Chormusik

Wenn man von den „Herner Tagen” spricht, vergisst man gern das von der Stadt veranstaltete Symposium und das dazugehörige Konzert. In ersterem ging es unter anderem auch um das Genre der Harmoniemusik. Das „Ensemble Priamos” präsentierte dazu, recht launig, Opernbearbeitungen. Die „Tage alter Musik in Herne” 2008 jedoch werden vor allem wohl wegen zwei Konzerten im Langzeitgedächtnis der Musikfans bleiben. In der Akademie Mont-Cenis breitete das „Ensemble Phoenix Munich” mit Joel Frederiksen (Bass) den reichen Schatz früher amerikanischer Chormusik aus. Lieder der Shaker und Gesänge aus dem amerikanischen Bürgerkrieg: wo hat man das zuvor gehört? Interessant, welche Kurzschlüsse zwischen europäischen und amerikanischen Traditionen sich dabei ergaben.

Dreieinhalb Stunden dauerte das umjubelte Abschlusskonzert, die Aufführung der Oper „Il Nerone”, der neapolitanischen Fassung von Monteverdis „Krönung der Poppea”. Begeisternd die Schönheit der Musik, die Spielfreude und Qualität des exzellenten Ensembles „La Venexiana”. Ein Höhepunkt der Festivalgeschichte.

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