Essen. Sonntag beginnt der meteorologische Frühling. Die Wetterfrösche versprechen bis zu 15 Grad Celsius. Dass wir sie spüren, diese Frühlingsgefühle, liegt zum großen Teil an den Hormonen.

Riechen Sie ihn auch, diesen Hauch von Frühling? Die Meteorologen jedenfalls sind auf Ihrer Seite: Mit bis zu 15 Grad und Sonnenstrahlen sei am Sonntag zu rechnen. Ein schöner Rahmen zum meteorologischen Frühlingsbeginn am 1. März. Und eine hoffnungsfrohe Botschaft für alle, die gerne auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

Mit jedem Strahl mehr nämlich denkt der Mensch nicht nur nüchtern daran, dass er endlich Heizkosten sparen kann. Nein, mit der Sonne im Herzen flatten die Schmetterlinge in den Bauch. Vom Rausch der Gefühle sprechen Evolutionsbiologen, die die Gefühlsduselei jedoch weniger romantisch als biologisch deuten: Im Frühling erinnern sich Mensch wie Tier daran, dass sie auf der Welt sind, um sich zu vermehren.

Ist der Frost erst einmal abgetaut, klappt es im Tierreich mit der Aufzucht der Jungen besser. Diese ewigen Muster prägten laut Biologen das Verhalten auch der Spezies Mensch. Selbst wenn er heute über Zentralheizung und Latexmatratzen verfügt.

Emotionaler Ausnahmezustand

Beim Tier, da bedeutet Frühling: emotionaler Ausnahmezustand. Bedeutet Balz- und Imponiergehabe. Attitüden, die sich auch auf der Single-Party oder beim Betriebsfest wiederfinden.

Der Mensch kann gar nicht anders. Er (sie auch) ist Sklave seiner (ihrer) Hormone, sagen Experten.Wird es heller, wird ganz automatisch das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet, so der Bochumer Hormonforscher Dr. Burkhard Herrmann. Hinzu kommen Stoffe mit Namen wie Gaba und Dopamin. Herrmann: „Es sind die so genannten Neurotransmitter”, die unsere Gefühlswelt aufmischen.

Stoffe, die zwischen zwei Nervenfasern lauern, um die Signale abzufeuern wie Amor seinen Pfeil. „Sie passen wie Schlüssel zu den Garagen, in denen die Sexualhormone parken: Testosteron und Östrogen”, so Herrmann.

Weniger Melatonin - und wir sind hellwach

Noch ein Stoff kommt mit in die Liebeslaube: Melatonin. Wird es heller, nimmt die Produktion des Hormons ab. Was zur munteren Folge hat, dass müde Männer (Frauen) hellwach werden. Das Hormon, als Wunderdroge für einen guten Schlaf gefeiert, wird im Dunkeln gebildet, vornehmlich in der Nacht. „Durch Sonne nimmt es ab.”

Die Funken, die fliegen, spielen sich im Geiste ab. Aber das Feuerwerk hat eine körperliche Grundlage. Die Seele befindet sich mitten im bio-chemischen Geschehen. Sagen die Einen. Doch es gibt Widerspruch: Die Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) entzieht sich dem Lobgesang auf die Macht der Hormone. Die Studienlage belege die Verbindung jedenfalls nicht klar, so Prof. Horst Harald Klein, Sprecher der DGE in Stuttgart. „Rein hormonell betrachtet gibt es die viel zitierten Frühlingsgefühle gar nicht”, sagt sein Kollege Prof. Martin Reincke.

Manchmal reicht es, wenn der Himmel blau ist

Es sei eher so, „dass die Menschen einfach mit einem anderen Gefühl hinausgehen, wenn die Sonne scheint und der Himmel blau ist, als wenn es draußen neblich-trüb ist”. Für Klein entstehen Frühlingsgefühle durch einen flotten Mix aus Umwelt, Wärme, Psychologie, Helligkeit – und optischen Reizen.

Viele Hormonforscher indes lassen sich den Glauben an die Magie von Serotonin und Konsorten nicht nehmen. Allerdings, so Dr. Herrmann, sei erwiesen, dass die Libido, also die Lust, vor allem durch eins gesteigert wird: „Durch das Neue.” Nein, damit sei nicht unbedingt ein neuer Partner gemeint. „Neu” sei schließlich, dass die Natur jedes Jahr wieder aufs Neue erwacht.

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